Mittwoch, 10. Juni 2015

Bärige Notfallhilfe


Kürzlich langweite sich ein kleines Püschwesen einige Stunden im Sekretariat eines nich näher bekannten Gymnasiums, bis es von seiner Besitzerin abgeholt wurde.
Da dem Mädchen - nennen wir sie Jule - die Wiedersehensfreude deutlich anzusehen war und sie außerdem Schokolade für die Bärenretterin mitgebracht hatte, war der Faux-Pas schnell verziehen und Jule bekam von ihrem pelzigen Freund folgenden Reisebericht ausgehändigt:

"Liebe Jule!

Als du am Samstag losgelaufen bist dachte ich mir, ich soll mir die Wiese mal genauer ansehen und hatte auch nichts weiter dagegen. Das Gras war so schön saftig grün, die Sonne schien...
Ich habe 5 Mariechenkäfer und 3 Schmetterlinge gesehen. Außerdem gab es Ameisen.
Aber als du dann gar nicht zurück gekommen bist, habe ich mir doch Sorgen gemacht. Es sah nach Regen aus und ich wollte wirklich nicht nass werden.
Außerdem war ich noch nie über Nacht alleine - und dann noch draußen!
Als ich gerade anfangen wollte zu weinen kam eine Frau vorbei.
"Hallo wer bist du denn? Dich hat bestimmt jemand vergessen."
Ich bekam einen gehörigen Schreck. Sollte meine Jule mich wirklich einfach vergessen haben?
"Na so hübsch wie du angezogen bist hat dich aber jemand sehr lieb. Die kommen bestimmt, um nach dir zu suchen."
Da war ich aber erleichtert. Klar, ist doch ganz logisch. Ich weiß noch, wie du mir den Schal und die Socken angezogen hast. Du hast gesagt, dass jetzt, wo es Winter wird, die dünne Jacke allein doch zu wenig ist. Ich bin auch schon sehr gespannt, ob ich jetzt im Sommer wieder das schöne Tuch kriege.
"Aber hier kannst du nicht bleiben. Ich werde dich mitnehmen."
O je! Ich wollte nicht weg - schließlich würdest du mich ja dann nie wiederfinden.
"Die Leute zu denen du gehörst machen bestimmt einen Aushang und dann kann ich sie anrufen und dich zurückbringen. Wenn ich dich hier lasse wirst du noch ganz nass und schmutzig."
Na ja, alles in allem war das doch ein besserer Gedanke, als die ganze Nacht hier zu bleiben.
Als erstes hat die Frau mich mit zum Pizza Essen genommen und dann ist sie mit mir in die S-Bahn gestiegen.
Ihre Wohnung ist ganz schön klein, nicht so viele Zimmer wie bei uns zu Hause.
Ich war doch sehr froh, nicht allein und im Trockenen zu sein, draußen war es ganz schön stürmisch.
Am nächsten Tag hat sie mich mit in die Stadt genommen.
"Weißt du was", hat sie gesagt, "wenn ich dich mitnehme, vermisst du dein Zuhause nicht so doll."
Wir sind ganz lange Bus gefahren und dann waren wir in der Kirche. Da gab es so einen ganz besonderen Duft, der kam aus einem Silbernen Fässchen, das eines der Kinder geschwenkt hat. Das gehörte zu einem Gottesdienst. Ich habe zwar nicht verstanden, worum es ging, aber der Frau schien es mächtig wichtig zu sein.
Danach ist sie mit mir U-Bahn gefahren und dann wieder S-Bahn. Ich wusste gar nicht, dass es so viele Bahnen gibt! Zum Glück hast du mich nicht auf so einem großen Bahnhof vergessen wie der an dem wir ausgestiegen sind! Da waren vielleicht viele Leute!
Wenn du jemals mit mir auf so einen Bahnhof gehst, musst du mich ganz fest halten!
Ich durfte mit der Frau und noch einer andern ins Kino gehen. Der Film hätte dir bestimmt auch gefallen! Zuerst dachte ich, die sehen sich bestimmt so einen Erwachsenenfilm an der mir gar nicht gefällt und wo das Ende überhaupt nicht schön ist. Aber in Wirklichkeit war es ein Trickfilm. Das war toll.
Als nächstes ist die Frau mit mir weitergefahren und wir sind Eis essen gegangen. Dann hat sie mich mit in ein Atelier genommen, das ist ein Raum wo Maler arbeiten. Man konnte auch Bilder ansehen. Dann gab es eine Lesung. Also, eine Frau hat aus einem Buch vorgelesen, dass sie selbst geschrieben hatte. Jetzt habe ich gesehen, dass die Bilder zu dem Buch gehören. Die Frau die sie gemalt hatte war auch da.
Danach war ich schon ganz schön müde. Ich habe gar nicht mitbekommen, wie wir zurück gefahren sind.
Die Frau hatte jedenfalls Recht. Ich war den ganzen Tag lang nicht ein Mal traurig gewesen.
Aber am nächsten Morgen hatte ich doch schon große Sehnsucht nach dir.
"Ich muss leider erst arbeiten gehen." Hat die Frau gesagt. "Wenn ich dich nitnehme bist du nicht so allein."
Da habe ich gesehen, dass die Frau eine Lehrerin ist, ihre Arbeit war nämlich in einer Schule. Ich dachte mir, ich sehe mich mal um. Du musst ja auch bald in die Schule gehen und wenn ich weiß, wie so eine Schule aussieht, kann ich mir besser vorstellen wo du bist.
Es war lustig, den Kindern in der Pause beim Spielen zuzusehen. Die ganzen Lehrer haben ziemlich viel Kaffee getrunken.
Abends war noch eine Konferenz, aber ich habe davon nichts mitbekommen, weil ich eingeschlafen bin.
Die Frau hat auf dem Rückweg wirklich die Zettel gefunden, die du zusammen mit Mama ausgehängt hast, und noch angerufen.
Jetzt bin ich aber froh, dass du mich morgen abholen kommst!
Bitte pass immer gut auf mich auf.
Dein Teddy."

2 Kommentare:

  1. Ist das süß!
    Und daß Du den Teddy gleich auch missioniert hast, ist besonders löblich.

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  2. Wie aufregend so ein Tag für das kleine Bärchen ist, wenn es mal über seinen gewohnten "Tellerrand" blicken darf. Es wird seiner Besitzerin bestimmt berichten - zumindest diesen Link schicken* grins* Danke für diese schöne Geschichte! Lieben Gruß vom Wolfgang aus dem Land am Meer.

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