Engel-Zyklus: um Freiheit
Engel, wartend
Mit gestrecktem Schwert.
Doch Flügel, schon aufwärts zeigend,
glänzen in gleißender Sonne
blau wie Rabenfedern.
Stahl leuchtet weit übers Feld.
Wind spielt im Haar,
zaust Federn.
Die Augen verkniffen, das Gesicht
wie bereitet für den eintreffenden Schlag.
Die Biester, sie zerren an Ketten, aufgereiht
sind sie zum Kampfe.
Sie jaulen und johlen vor Ungeduld.
Ein Fest ist die Schlacht!
Der Engel aber steht reglos und still.
Niemand fragt ihn, ob er auch töten will.
Sein Haar ist fast schwarz,
dunkler wird der Tag,
er knirscht nicht mit den Zähnen.
Die Hunde schnappen nach ihm, sie haben schon
zu lange gewartet.
Ruhe lastet auf dem Land wie Brandgeruch in flirrender Luft.
Wie Fahnen flattert sein Gewand und er trägt
Seine Gestalt wie das Gewicht der Standarte.
Allein ist er.
Denn mit den Monstern der Kriegskunst macht er sich nicht gemein.
Nur seine Narben reden mit ihm.
Siehst du ob er atmet?
19.09.2012
Engel, allein
Er wollte sich stützen
auf sein Schwert.
Doch es war zu scharf und versank
in blutiger Erde hinab bis zum Schaft.
In ödem Land, da kauert er
vornübergebeugt über seiner Waffen Rest.
Grell brennt die Sonne.
Er bedeckt sich
mit den Resten seiner Flügel.
Fliegen
kann er schon lang nicht mehr.
Verloren flattern
einzelne Federn in stiller Luft.
Er wundert sich, ob
er überhaupt jemals Flügel hatte, oder ob
alles nur Einbildung war.
Und wieso überhaupt ist er immer noch da?
Die Hunde knabbern an ihm, aber sie fressen ihn nicht auf.
21.09.2012
Engel, hilflos
Man hat ihn gefesselt und das Warten wurde lang.
Müde ist er, Flügel schlagen bang.
Leer ist das Feld.
Auch Hunde sind nicht mehr.
Leicht verwirrt schaut er umher.
Als er sich fallen ließ, da war es das Signal:
vogelfrei ist er – jetzt schlag ihn noch einmal.
Jetzt aber hat er sich ganz hingegeben.
Wer wird ihn töten, wer – lässt ihn am Leben?
24.09.2012
Engel, schwebend
Schwerelos liegt er
Ausgebreitet im Auge des Tornados.
Der Flügel blaue Schwärze; hilflos flattert sie.
Sie ist nutzlos geworden.
Doch er lächelt.
Wie sanft trägt ihn des Windes Hauch: noch nie
verspürte er solch zarteste Berührung, und
er wundert sich ein wenig, ob
denn solches wahr sein kann.
Was aber kümmerts ihn, wann er wohl fällt?
Des Schwertes Last ist er los und so ganz
ohne Rüstung
langt selbst die Erinnerung zum Schweben.
So lächelt er nur über drohenden Sturm.
Seine Hände tasten,
suchend,
nach der wärmenden Sonne.
25.09.2012
Engel, fliegend
Frei vom Gewicht seiner Flügel, so schwebt er,
selig, auf zartester Briese Hauch.
Er kichert, glucksend, staunend: Ach, so was kann ich auch?
Die Stürme sind nicht mehr und
der Sonne Glanz umspielt ihn, kosend.
Die ebene unter ihm scheint gar nicht mehr so karg zu sein.
Sie hat sich nicht verändert, doch
erkennt er sie nicht mehr.
War dieser Weg dort immer schon? Und was
macht eigentlich
dieser Rosen zartes Grün
so mitten unter all der Trockenheit?
29.09.2012
Engel, vogelfrei
Rüstung mutig abgelegt
Freude sich im Land geregt.
Flog er weit hoch und ließ sich fallen.
Kostbare Gabe
Herz, das wahre.
Nichts hält ihn in seiner Kraft
kann er tun was er will
vergeben, geben, leben,
wandeln in Güte still.
Nichts hält ihn in seiner Hoffnung
zeigt er ganz frei sein Herz
verlieben, lieben, getrieben,
zerspalten von Schwertes Schmerz.
Flog er weit hoch, sah er ein Heim?
Wo findet sich auf ihn der Reim?
Mutig die Rüstung abgelegt.
Nun.
Wo bist du?
Wirst du
eilen, dich ihm anzutragen
und Wahrhaftigkeit zu wagen?
20.03.2015
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