Montag, 28. Dezember 2015

Doch in der Herberge war kein Platz

Der Dominikaner Pater Michael gehört wahrlich nicht zu denen, die die Weihnachtsgeschichte nur als liebliche Kulisse für einen allgemeinen Aufruf zu mehr Menschlichkeit verstehen.

Von meinen Eltern aus kann man dank S-Bahn verschiedene Kirchen gleich gut - oder schlecht - erreichen. Für meinen Liebsten und mich gab die Aussicht auf eine garantiert sinn- und gehaltvolle Predigt den Ausschlag.

Das Weihnachtsgeschehen ist eines, dass Anlass zum knieen gibt: Gott wird als Mensch geboren. Er "entäußert sich all seiner Gewalt" wie das Lied Lobt Gott, ihr Christen, alle gleich! hervorhebt. Das Geheimnis dieser Stille[n] Nacht lautet: "Christ, der Retter ist da."
Deshalb soll man sich beim Sprechen des Glaubensbekenntnisses, das normalerweise nach den Lesungen erfolgt (und sozusagen die Vorraussetzung für die Fürbitten klärt), in der Weihnachtszeit an der Stelle hinknien, an der es heißt: "hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist aus der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden".
So unglaublich ist das, man kann es nicht fassen. Gott, der Herrscher des Alls, der Allmächtige, wird Mensch, liegt da. In einer Krippe. Ein Baby. Vor diesem Geheimnis knieen wir nieder. Wir knieen, wissend, dass er das für uns getan hat. Gott kam zu uns Menschen, damit wir - du wie ich - zu Gott gelangen können.

Christus steht im Zentrum! Ein Bild von Corregio: Die Heilige Nacht

 Einmal fiel mir im Stundenbuch dieser Vers auf: "Er lag in der Krippe, doch seine Herrlichkeit erfüllte das All."



Es handelt sich also nicht primär um die Geschichte eines Paares auf Herbergssuche.

Als Pater Michael in seiner Predigt an den Punkt kam, zu sagen: "Etwas fällt an dieser Geschichte besonders auf; es heißt, für sie war kein Platz in der Herberge". War der Moment gekommen, an dem ich skeptisch geworden wäre, wenn die Pause nach diesem Satz noch etwas länger gedauert hätte.
Doch der Dominikaner ließ keinen bedeutungsschwangeren Moment der Stille folgen.
Statt dessen machte er darauf aufmerksam, dass es sich hier um eine bemerkenswerte Prallele zu der Stelle im Johannesevangelium handelt: "Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf." (Joh. 1,11).

Bevor wir anfangen, Josef und Maria als Obdachlose oder als Flüchtlinge zu imaginieren, sollten wir lernen, das Gleichnis zu lesen, das Gott uns mitteilt, indem er Maria seinen Sohn nach erfolgloser Herbergssuche in einem Stall zur Welt bringen und in eine Krippe legen lässt.
Gott will zu uns kommen, zu jedem einzelnen. Und auch, wenn wir uns ihm nicht öffnen, hört er nicht auf, nach uns zu fragen.
Die Herberge aber, die er in der Welt haben will, die einzige, die er wirklich sucht, ist unser Herz.
Dies ist auch heute aktuell und hat nichts von seiner Wichtigkeit verloren.

Wir sind es, in uns muss Platz werden, unser Herz ist der Ort, an dem wir Christus beherbergen sollen.
Nur dann kann Frieden werden. Wahrer Friede, der aus Gott kommt und uns zu barmherzigem Handeln befährigt.

Mittwoch, 2. Dezember 2015

Vorbereitung freut

Zu meinem ersten Weihnachtsfest als Christin schenkte mir ein Freund eine Karte mit einer beeindruckenden ausklappbaren Krippe.
Noch beeindruckender fand ich jedoch den Spruch, den er mir auf die mit wenig Platz gesegnete Schmuckkarte geschrieben hatte: "Möge Christus auch in deinem Herzen geboren und dort zum König werden!"

Als Kind bestand die Vorweihnachtszeit für mich aus Weihnachtsmärkten und Adventskalendern, gepaart mit der Spannung, ob sich diese Jahr wohl die kleineren und größeren Wünsche erfüllen würden.
Beim Schreiben von Wunschzetteln habe ich sehr überlegt, was vielleicht zu viel verlangt wäre, und einige Male bot ich an, für einen größeren Wunsch dann später auf ein Geburtstagsgeschenk zu verzichten.
Das Öffnen meines Adventskalenders bereitete mir stets größtes Vergnügen und ich war stolz wie Bolle, als ich einmal sage und schreibe zwölf Stück bekommen hatte - von unterschiedlichen Familienmitgliedern.
Noch heute liebe ich Weihnachtsmärkte. Dabei macht es mir wenig aus, dass es bei den meisten sehr kommerziell zugeht.

Aber müssten sich meine Erwartungen an die Vorweihnachtszeit nach meiner Taufe nicht eigentlich grundlegend geändert haben? Immerhin ist der Advent Fastenzeit und soll eigentlich Raum geben, sich auf die Begegnung mit Gott vorzubereiten.
Schließlich möchte ich natürlich, dass sich das erfüllt, was mich an jenem Satz meines Freundes so beeindruckt hat...

Neu waren für mich die Adventslieder, die ich wundervoll finde.
Am besten gefallen mir "Maria durch ein Dornwald ging" und "Wachet auf! Ruft uns die Stimme".
Gerade das letztere zeigt, dass Fasten und sich in Gott versenken eben nichts mit Schlafen zu tun hat, sondern ein inneres wach werden verlangt.

Tatsächlich erlebe ich die Adventszeit dank spezifischer Dinge, die es nur im Advent gibt, immer sehr intensiv. Dazu gehören das Stundengebet, Weihnachtsmärkte, Adventslieder, Roratemessen, aber auch Dinge wie Korrekturstress vor der Ausgabe der Oberstufenzeugnisse und betrieblich organisiertes Weihnachtsessen mit dem Kollegium.

Dabei noch zum Luft holen zu kommen und sich vom Fest nicht überrumpeln zu lassen ist tatsächlich gar nicht so einfach. Gerade die Bundesländer Berlin und Brandenburg quälen ihre Schüler und Lehrer mit Unterricht bis einschließlich dem letzten Wochentag vor Weihnachten, was heuer z.B. der 23. ist.

Von daher finde ich es schon sehr passend, dass die Kirche Jesu Mahnungen betreffs der Endzeit an den Anfang des Advents stellt.
"Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit euch nicht verwirren und jener Tag euch nicht überrascht." Sagt Jesus in Lk 21, 34. Unser Herz soll gefestigt sein, und wir ohne Tadel, wenn unser Herr kommt (vgl. Tess 3, 13)

Damit ist natürlich nicht nur die Gefahr eines Versinkens in weltlicher Adventshektik gemeint.

Die Kirche weiß seit jeher, dass der, der da als Kind auf die Erde kam, unser Herr und Gott ist, und feiert den Tag seiner Geburt als Vorausdeutung seiner Wiederkunft.

Möge die Adventszeit uns alle wach machen für den Anruf Gottes.



Sonntag, 29. November 2015

Sonntags um zehn...

... fällt mir, inspiriert durch das hörende Herz, wieder ein Gebet ein, dass mir schön vor längerer Zeit mal aus dem Herzen floss:


Herr,
sein du mein Atem wenn ich schlafe.
Singen soll dir
das Rauschen des Blutes in meinen Adern.
Dein bin ich, weil
du gekommen bist,
um mich
zu erretten.
In der Wüste hast du mich aufgelesen.
Lies mein Schweigen.
Lies meine Müdigkeit.
Lies mein Schlafen.

Auch wenn ich schwach bin
freue ich mich deiner,
Herr.




Herz-Jesu-Feuer in Südtirol (GNU License)

Sonntag, 22. November 2015

Freiheit herrscht nicht

Christus: König am Kreuz (lizenzfrei über Wikimedia Commons)



"Alle Völker, Nationen und Sprachen müssen ihm dienen. [...] Sein Reich geht niemals unter." (Dan 7,14)
"Der Herr ist König, bekleidet mit Hoheit." (Ps 93,1)
"Ich bin [...] der ist, der war und der kommt, der Herrscher über die ganze Schöpfung" (Off 1,8)


Auf dem Rückweg von der sonntäglichen Messe in der Bahn: eine junge Frau mit einem breitkrempigen schwarzen Hut. Sie hat ihre Beine auf die Kante der Heizung zwischen den Sitzen gestellt, beide, so wie ich es im letzten Jahr auch oft gemacht habe. Eine neckische Pose, die nur dann bequem ist, wenn man schlank ist und verhältnismäßig dünne Beine hat.
Unter ihrem weißen Mantel schaut der Saum eines schwarzen Kleides heraus, dazu passend Nylonstrumpfhosen und Ballerinas in gleicher Farbe. Ihr offenes Haar vollendet den Look, der nicht allzu elegant wirkt, sondern schlicht schön und unaufgeregt.


Diese Pose, die tatsächlich so hübsch aussieht, wie sie sich anfühlt, ist mir ein Freiheitssymbol geworden: Wohl deshalb, weil ich nach jahrelangem Frustfressen in unglücklicher Beziehung meine überflüssigen Pfunde gleich mit dem Ex abgelegt hatte und sich so mit dem neuen Lebens- auch ein ganz verändertes Körpergefühl einstellte.

Die sogenannte westliche Welt ist das Land der großen Freiheiten. Wir können uns zu jeder Religion oder Philosophie bekennen, die wir wollen. Oder auch zu keiner. Wir können wählen, welchem Lebensstil wir uns zuwenden, welchen Dingen wir Priorität einräumen.
Freiheit ist ein kultureller Wert, der nicht nur viele Möglichkeiten öffnet, sondern auch sehr anspruchsvoll ist. Die Möglichkeit, sich selbst auszususchen, woran man sich orientiert, bedeutet auch, dass man Unsicherheiten aushalten muss.
Die Freiheit verrät uns eben nicht, was wir sollen, oder was gut für uns wäre.
Auch ich habe nicht zuletzt davon gelebt, meine eigenen Fehler und Irrtumer begehen zu können. Doch ich habe etwas, das mich orientiert, mir hilft, mir stets bewusst zu sein, wer ich bin. Ich habe aus meinen Irrwegen herausgefunden und kam weiter, reich beschenkt mit Erfahrungswissen, das ich durchaus auch unter Schmerzen erworben habe. Und ich denke, dass ich durchaus einen Blick habe für die Vielschichtigkeit meines Lebens. Und, dass ich diese eben auch deshalb aushalten kann, weil es für mich einen Fixpunkt gibt:
Christus ist König.

Aber Moment!
Ist das nicht zu einfach?
Handelt es sich da vielleicht um dieselbe verführerische Religiosität, die so manchen Muslim erst zum Extremismus und dann in die Fänge gewaltbereiter Gruppierungen treibt?
Ich halte nichts von der Idee, Religionen pauschal als Verführung, also als Gefahr, wahrzunehmen. Leider ist es ein Phänomän der säkularisierten Welt, dass viele Menschen Religion nur als etwas denken, das den Blick trübt, oder allenfalls vielleicht noch als letzten Halt derjenigen, die es zu sonst nichts gebracht haben.
Rufen wir uns in Erinnerung, dass Religionsfreiheit nicht die Freiheit von Religion meint!
Religionsfreiheit garantiert, dass jeder das Recht hat, seine Religion auszuüben. Auch im öffentlichen Raum; sei es im Diskurs oder durch Veranstaltungen.
Das recht, keine Religion auszuüben wird dadurch nicht beeinträchtigt - die Präsenz anderer Meinungen muss man in einer Demokratie aushalten, das gilt für Religionen genau so wie für unterschiedliche polotische Ansichten. Die Neigung, diese beiden Rechte als konkurrierend zu verstehen, halte ich nicht nur für unbedacht, sondern auch für gefährlich.

In den westlichen Demokratien wird die verfassungsmäßig gesichert, dass keine Religion, aber auch kein Religionsverbot herrschen darf. Diese Freiheit kann nicht nur durch religiöse Fanatiker in Frage gestellt werden. Vor allem im gesellschaftlichen Diskurs mit den christlichen Konfessionen wird sie zunehmend in Frage gestellt, ganz nach dem Motto: "Hier herrscht Freiheit von Religion." Doch wer solches sagt, hat die Freiheit bereits verraten.

Freiheit

Zu sagen
hier herrscht Freiheit
ist immer
ein Irrtum
oder eine Lüge:
Freiheit
herrscht nicht.

(Erich Fried)


Was aber ist nun mit den für genau heute vorgesehenen Bibelstellen, die Christus als König und Herrscher darstellen?
Am heutugen Sonntag feiert die katholische Kirche das Fest Christkönig, das auch von einigen protestantischen und der anglikanischen Kirche begangen wird.
Also doch ein religiöser Herrschaftsanspruch?

Das Tagesevangelium zeigt uns Jesus vor Pilatus.
Eben kein mächtiger Weltenherrscher, sondern der, der sich für uns dem Tod ausliefert, wie es auch einige Verse vor der oben von mir zitierten Stelle in der Offenbarung heißt: "Er liebt uns und hat uns von unseren Sünden erlöst durch sein Blut, er hat uns zu Königen gemacht und zu Priestern vor Gott" (Off 1,6-7).
"Mein Königtum ist nicht von dieser Welt.", sagt Jesus zu Pilatus (Joh 18,36), und lässt sich zum Tode verurteilen.

Was also sagt dieses Fest?
Es will die Gläubigen daran erinnern, dass sie zwar in der Welt leben, aber, in Kreuz und Auferstehung verbunden mit Jesus, nicht von der Welt sind.
In der Nazizeit wurde das Fest, damals noch im Oktober gelegen, als Gegengewicht gegen die Ideologie der Nazis und den dort herrschenden Führerkult verstanden. Christus ist es, der den Christen verbindliche Maßstäbe setzt, und kein weltlicher Herrscher kann diese Maßstäbe aushebeln - in Zeiten von Diktatur und Terror heißt das zunächst einmal, passiven Widerstand zu üben, Verfolgten zu helfen und sich selbst nicht an Hetze und Kult zu beteiligen.
In den Herzen der Christen soll Christus als König regieren: weder die Verführungen von Macht, Wohlstand und Vergnügen, noch Ängste oder Anbiederung an politische Verhältnisse sollen dagegen ankommen.
Das Reich Christi gibt es nicht als weltliches Territorium. Es existiert nur dort, wo die Liebe und Barmherzigkeit Gottes in den Herzen der Gläubigen regiert und sie selbst liebevoll und barmherzig werden lässt.

Unabhängig davon, ob wir eine solche Weltsicht teilen können oder nicht: Wir sollten uns nicht irre machen lassen. Religionen können zwar extremistische Ideologien hervorbringen, doch es gibt in der Geschichte auch genug Beispiele für extremistische Ideologien ohne religiösen Hintergrund.

Vergessen wir nicht, dass Freiheit und Beliebigkeit nicht dasselbe sind: Freiheit heißt eben nicht nur, dass mir erst mal nichts verboten und geboten wird, sondern auch, dass ich anderen nicht einfach so etwas ge- oder verbieten darf. Freiheit bedeutet nicht, dass mir das Ergebnis meines Handelns egal sein darf. Freiheit kennt nicht nur Verantwortung, sie bürdet einem auch mehr Verantwortung auf, als Unfreiheit. Denn wenn keiner sagt, dass man z.B. seinen One Night Stand nicht der Gefahr der Ansteckung an STI aussetzt, bedeutet das eben nicht, dass es gut wäre, den Partner dieser Gefahr auszusetzen, sondern es bedeutet, dass man sich von selbt seiner Verantwortung für den anderen Menschen bewusst sein sollte; auch dann, wenn dieselbe eben nicht länger anhält als eine Nacht. {Immerhin gibt es ja so etwas wie Kondome; es ist also beileibe nicht so, dass man nur deswegen keine Beziehung oder eben One Night Stands haben könnte...}

Die Freiheit, die wir verteidigen - sei es mit Artikeln, Gebeten, Symbolen in Facebookprofilen oder sonstigen Zeichen der Anteilnahme - gilt für mich und meinen sonntäglichen Weg zur Messe genau so wie für all diejenigen, die den Sonntag anders verbringen.


Die junge Frau muss an derselben Station aussteigen wie ich.
In der verhältnismäßig leeren Bahn erinnert nichts an die Terrorwarnungen, die nach den Anschlägen von Paris ganz Europa verunsichern.
Ich denke an Brüssel, und hoffe, dass ich auch in den nächsten Wochen noch ungestört mit den Öffentlichen durch Berlin fahren und dabei nachdenken kann.

Donnerstag, 19. November 2015

Paris, das Bloggertreffen und die Lesungen des Sonntags

Irgendwie kann man sich ja schon die Frage stellen: Was haben jetzt bitteschön diese drei Dinge miteinander zu tun?!?
Es war Bloggertreffen - und nach dem geselligen Abend, der der ersten Runde folgte, zog ich mich, kränkelnd, vergleichsweise früh zurück. Auf dem Weg vom Clubraum zum Zimmer bemerkte ich, dass die zum Haus gehörende Seminarkirche nicht nur direkt neben dem Gang meiner Zimmernummer liegt, sondern auch rund um die Uhr geöffnet ist.
Während ich allein in der dunklen Kirche vor dem Tabernakel kniete, nur vom Ewigen Licht beleuchtet, wütete in Paris der Terror. Ich erfuhr am nächsten Morgen davon, im Gegensatz zu einem Großteil der anderen Teilnehmer des Bloggertreffens.


Das Leid, das Gott mit uns teilte, um es von uns zu nehmen - Pieta und Kreuzweg (Ausschnitt) in der Seminarkirche


Am nächsten Morgen brauchten wir nur wenige Sekunden, um uns zu einigen, ein Gebet für die Opfer und ihre Angehörigen in die am Abend geplante Vesper aufzunehmen.
In den Psalmen wurde Bedrängnis vor Gott getragen.
Meine Gedanken wanderten dabei spontan nach Paris, aber auch persönliche Bezüge, etwa zur Bitte des Psalmsängers: "Gib, dass mein Herz sich dem Bösen nicht zuneigt" gingen mir durch den Kopf.
Ich habe bereits sehr früh am Morgen nach den Anschlägen von Paris Mails mit Gerüchten erhalten, nach denen registrierte Flüchtlinge unter den Tätern sein sollen und war einigermaßen entsetzt, wie mit dieser Nachricht Stimmungsmache betrieben wird.

Wir stehen mit Betroffenheit da. Wir gedenken der Opfer und ihrer Angehörigen. Als Christen nehmen wir sie in unser Gebet auf.
Mehr können wir letztlich nicht tun, und die Tatsache, dass bei solchen Anschlägen oft Menschen Kerzen zum Tatort bringen, zeigt, wie groß das Bedürfnis ist, zumindest Anteilnahme zu signalisieren.

Ich muss sagen, dass bei mir ratloses Schweigen vorherrscht.
Betroffenheit macht stumm, und stumm bete ich für die Opfer und ihre Angehörigen.
Stumm breitet sich auch die Furcht in mir aus, wenn ich sehe, dass gewisse Kreise das Attentat zu weiterer Polemisierung missbrauchen.
Ich kann natürlich auch nicht beurteilen, inwieweit ein Anteil der Asylsuchenden in unserem Land gefährlich sein könnte. Dennoch ist mir klar, dass die Flüchtlige eben genau vor dem fliehen, was die Attentäter jetzt nach Paris getragen haben und scheinbar auch in Hannover zu verbreiten suchen - dem Terror des IS und dem Bürgerkrieg.


Zum Sonntag spricht Jesus im Evangelium von den Tagen der Not. Und von dem, was danach kommt.

Nicht nur der Zelebrant dachte dabei spontan an die Terrornacht von Paris, die er auch in seine Predigt einbezog.

Meine Gedanken verknoten sich an dieser Stelle.

Vom Betreiber des missio-Blogs, Johannes Seibel, gab es einige Hintergrundinformationen zum Thema bedrängte Christen im Orient.
Die Leute an der Spitze des IS, der auf eine wahhabitische Sekte zurückgeht, sind grob gesagt gegen alle. Dahinter steckt, soweit es mir aus dem Gespräch richtig im Kopf geblieben ist, neben der besonders radikalen Auslegung des Islam letztlich die Annahme, man könne und solle das Ende der Welt und damit den Sieg Gottes aktiv herbeiführen, indem man für apokalyptische Zustände sorgt.

In Bezug auf Paris kann man wohl sagen, dass es bei der momentan aufgrund der Flüchtlingskrise angespannten Lage in Europa kaum etwas effektiveres gibt, als einen als Flüchtling registrierten Terroristen bei einem Anschlag mitwirken zu lassen.
Umso wichtiger ist es, dass wir besonnnen bleiben. Viel können wir als einzelne Bürger nicht tun, aber der grassierenden Stimmungmache widerstehen und entgegenzuwirken scheint mir Pflicht jedes Einzelnen zu sein.
Machen wir uns nichts vor: Ängste und Sorgen kleinzureden ist genau so schädlich, wie diese aufzubauschen. Gerade der Eindruck, dass die Politik die Lage nicht im Griff hat, treibt so manchen wirklich nur besorgten Normalbürger in die Fänge von PEGIDA und Co. Doch das Skandieren von Sprüchen, das Verbreiten von negatien Vorurteilen und Verallgemeinerungen usw. helfen wohl kaum dabei, das Eintreten apokalyptischer Zustände zu verhindern. Brennende Heime beweisen dies eindrucksvoll.
Denken wir daran, dass alle Opfer von Gewalt zu beklagen sind; seien es nun Pariser Bürger, die einfach nur ein Café oder Konzert besucht haben, Flüchtlinge, die in einem Heim unterkommen sollten, oder Menschen, die in den Krisengebieten zu Tode kommen. Die Anschläge in Beirut mögen in unserer eurozentrischen Perspektive untergehen, doch sie stellen für die allgemeine Destabillisierung der Lage ein weit größeres Risiko dar.

Christen haben im Orient traditionell auch schon immer eine Vermittlerrolle gehabt und ihre Präsenz ist für den Frieden zwischen den verschiedenen Ethnien und Gruppen der Region vielerorts wichtig.

Was aber sagt eigentlich die Bibel zum Thema Apokalypse?
Wenn auch wir auf das Ende der Welt warten; wie ist dann die Position zur Gewalt?
Niemand kennt den Tag noch die Stunde, sondern nur der Vater, sagt Jesus im Evangelium.
Zunächst mal ist es aus christlicher Sicht schlichtweg Hybris, und damit Sünde, zu glauben, man könne auf den Lauf der Welt in diesem globalen Sinne Einfluss nehmen.

In den Evangelien und auch in Texten des Alten Testaments ist vielfach von einer Zeit der Not die Rede, oft im Zusammenhang mit Naturkatastrophen.
Doch nicht auf dem Szenario liegt der Schwerpunkt: Die Bibel ist kein Ort für Unheilsprophezeihungen.
Als Christen sollen wir keine Angst haben.
Der Gott, der nach dem christlichen Glauben am Ende der Welt wiederkommt, ist Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene.
Der, der für uns ein Leben in der Welt und den Tod auf sich genommen hat.
Der, der uns aus der Verhaftung in der Sünde befreit, und nach seiner Auferstehung versprochen hat: "Ich bin bei Euch alle Tage bis zum Ende der Welt."
Der, der uns im Sakrament der Beichte ein immerwährendes Angebot macht, uns zu bessern; zu bereuen, umzukehren, Buße zu tun.
Der, der in der Eucharistie gegenwärtig ist und im Zeichen des Brotes verweilt; sich klein macht, um uns zu stärken.
Der, der nicht nur gerecht ist, sondern auch barmherzig.

So vergleicht Jesus in Mt 24, 29-33 die Endzeit mit dem Frühling; einer Jahreszeit, die bessere Zeiten ankündigt.

Wir sollen wachsam sein, und uns weder von Panikmache noch von Trägheit verführen lassen.
Unsere Sympathie und Verbundenheit gilt den Opfern; doch wir sollen uns auch gegen den Hass auf die wirklichen oder vermeintlichen Täter wappnen.


Beim Bloggertreffen blieb Paris unterschwellig präsent, konnte die Gespräche über Bloggerthemen aber nicht verdrängen. Für mich war es, wie für viele andere, wichtig, einander kennenzulernen. Auch das gehört zum Widerstand gegen das Böse: christliche Gemeinschaft zu leben, einander auch geistlich zu stärken, sich auszutauschen und Gemeinsam zu beten.

In diesem Sinne war das Bloggertreffen ein voller Erfolg.
Ich bin froh, dabei gewesen zu sein.

Dienstag, 10. November 2015

Was tu ich Gutmensch ...

... wenn mein Weltbild bröselt?


Ich bin in letzter Zeit wegen meines Engagements für Flüchtlinge - vor allem deshalb, weil ich mich in privaten Mails sehr oft gegen Vorurteile ausspreche - als leichtgläubiger Gutmensch betitelt worden.

Abgesehen von dem mitleidigen Unterton mit dem diese Zuschreibung geschieht, kann und will ich dem nicht unbedingt widersprechen.
Das einzige, was mich daran beunruhigt ist die Frage, wie verdreht man eigentlich sein muss, um den Begriff "Gutmensch" als Schimpfwort zu gebrauchen. Wie verdreht denken Menschen, die so tun, als sei die Bereitschaft zu sozialem Engagement für Flüchtlinge bestenfalls so etwas wie eine Geisteskrankheit von der die betroffenen Helfer geheilt werden sollten?

Ich bin tatsache tendentiell gutgläubig und habe dank meiner Hilfsbereitschaft schon öfter die Erfahrung gemacht, ausgenutzt, betrogen und dabei vom Nutznießer für diese Gutmütigkeit auch noch verachtet worden zu sein.

Ich bin allerdings auch selbstbewusst und stur. Prinzipiell sehe ich gar nicht ein, warum ich mich unter der Last meiner Erfahrung verbiegen sollte. Wieso sollte ich vergangene Entscheidungen nur deshlab als falsch ansehen, weil das Ergebnis anders war als ich gedacht hatte? Ich habe in den Jahren seit meinem Abitur eine Menge über mich selbst, meine Stärken und Schwächen, aber auch über Handlungsmuster anderer Menschen gelernt. Inzwischen gibt es viele Dinge, auf die ich Acht gebe, während ich früher eher achtlos vertraut habe. Dennoch weigere ich mich grundsätzlich, das Vertrauen an sich aufzugeben. Man kann auch achtsam vertrauen.

"Wenn einer dich vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel. Und wenn einer dich zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dan gehe gleich zwei mit ihm." Heißt es in Mt. 5,40-41

Ganz zu schweigen von den Bibelstellen, die über das Speisen von Hungernden, das Tränken von Durstigen das Aufnehmen von Fremden, und das Besuchen von Kranken oder Gefangenen sprechen. (Mt 25, 31-46)

Man muss beides können: auf sich Acht geben und den anderen achten.
Nicht zuletzt wächst mir die Kraft zur Tätigen Nächstenliebe aus meiner Liebe zu Gott. Da ich mich und meine Fehler kenne und also weiß, wie viel Geduld ER mit mir haben muss, habe ich auch Geduld mit Anderen. Ich weiß, wie fremd ich bin im Vergleich zu dem, wie ich sein soll, damit ich bei Gott heimisch werden kann, im Vergleich zu den Heiligen, denen ich dennoch zu folgen wage.

Wir sind alle nur Menschen. Da sollte es doch möglich sein, sich zu verständigen, etwas Verständnis für den Anderen zu haben, auch dann, wenn er fremd ist oder eine abweichende Meinung hat.

In letzter Zeit erlebe ich immer wieder Dinge, die mich betroffen machen.
Ich will nicht an den Möglichkeiten menschlicher Kommunikation zweifeln, aber ich sehe sehr wohl, dass Menschen sich der Kommunikation verweigern können und dass dies öfter geschieht, als ich es gedacht hätte.

Als würde das nicht reichen, um mich zu verstören, geht die Verweigerung der Kommunikation weit über ein Ablehnen der Argumente des Anderen hinaus:

In der persönlichen Auseinandersetzung mit den Adressen, die die Bezeichnung "Gutmensch" als Schimpfwort nutzen, erlebe ich, wie Argumente als unglaubwürdig dargestellt oder einfach ignoriert werden. Im Zweifelsfall wird einfach ein Regen mit negativen Gerüchten über mein E-Mail Postfach gegossen; die Liste angeblicher Straftaten und Rangeleien von Asylsuchenden ist schier unendlich. Was auch immer ich zur Widerlegung anbringe wird einfach für unglaubwürdig erklärt. Positive Beispiele und Berichte werden nach dem gleichen Muster negiert.
Nun könnte ich ja die Kommunikation von meiner Seite aus abbrechen. Dazu bin ich aber zu gutmütig. Und mein Gewissen verbietet es mir auch, die entsprechenden Nachrichten einfach zu ignorieren.

Schießlich gehört die Belehrung von Unwissenden zu den sieben Werken der geistigen Barmherzigkeit und ich mag es nicht aufgeben, gegen Irrtümer anzuschreiben.


In der diskursiven Auseinandersetzung mit dem Thema Abtreibung erlebe ich die kommunikative Verweigerung eher aus einer Zuschauerperspektive.
Da wird einem Abtreibungsgegner in linken Kneipen Haus-, in anderen "nur" Auftrittsverbot erteilt. Die Tatsache, dass er mit zu einer Gruppe von Künstlern gehört, die üblicherweise in linken Kneipen auftritt, sollte an sich schon reichen, damit einem dämmert, dass der Mensch vielleicht doch eine etwas vielschichtigere und mit linken Positionen verträglichere Persönlichkeit hat, als man vielleicht anzunehmen geneigt ist.
Doch diese Differenzierung wird Abtreibungsgegnern pauschal verweigert. Niemand scheint sich die Mühe zu machen, mal in Betracht zu ziehen, dass jemand der gegen Abtreibungen ist, eigentlich nur etwas gegen Kindstötung im Mutterleib hat, ansonsten aber durchaus für sexuelle Vielfalt, Hilfe und Schutz für Frauen in Not und anderes mehr sein kann. Statt dessen wird so getan, als sei eine Abtreibung die einzige Möglichkeit, Frauen in Not zu helfen oder sexuelle Selbstbestimmung zu gewährleisten.
Sie ist es nicht. Einfach nein.
Es gibt nicht nur viel mehr, sondern auch bessere Möglichkeiten.

Ebenfalls nur indirekt habe ich erlebt, wie zwei Andersdenkenden der Einlass in eine Diskussionsveranstaltung verweigert wurde.
Dazu möchte ich mal gerne eine persönliche Anmerkung machen:
Ich habe von der Veranstaltung durch meinen Lieblingsblogger erfahren und wäre mit ihm dort hingegangen, wenn ich nicht durch Krankheit verhindert worden wäre. Die Veranstaltung hat mich deshalb interessiert, weil ihr Titel eine kritische Auseinandersetzung mit PID, künstlicher Befruchtung und Leihmutterschaft versprach. Dies überzeigte mich davon, dass es hier Schnittpunkte zwischen meinen Ansichten als Abtreibungsgegnerin und den Ansichten der Veranstalterinnen geben müsse.

Vielleicht handelt es sich dabei um einen Fall akuter "Blauäugigkeit", aber ich hatte mir meinen Besuch bei der Veranstaltung so vorgestellt, dass in der Diskussion deutlich werden würde, inwieweit es auch aus Queer- Feministischer Perspektive sinnvoll sein kann, dem Thema Abtreibung kritisch gegenüberzustehen.
Zumindest insoweit als PID, künstliche Befruchtung und Leihmutterschaft damit in Zusammenhang und vor demselben Gedanklichen Hintergrund stehen.
Insgesamt geht oder ging es mir dabei um das Problem, dass das Kind eben nicht mehr an sich einen Wert als Mensch hat, sondern dieser Wert und damit das Recht auf Leben nur zugestanden wird, wenn es gesund ist oder erwünschte Eigenschaften hat (PID), wenn Menschen der Meinung sind, es für ihr persönliches Glück zu brauchen und ihm dafür gegebenenfalls die Möglichkeit nehmen, etwas über die eigenen biologischen Eltern zu wissen (künstliche Befruchtung und Leihmutterschaft) oder eben wenn es gerade in den Kram passt (Abtreibung).
Dabei hätte man, so dachte ich, ja auch mal sagen können, dass es für Menschen in homosexuellen Beziehungen mit Kinderwunsch wahrscheinlich leichter wäre, ein Kind zu adoptieren, wenn weniger Kinder abgetrieben würden und diese dann zur Adoption stünden.

Aber wie gesagt. Ich war da wohl sehr "blauäugig". Tatsächlich stellte ich mir das einfach vor.
{Es scheint jedoch noch einfacher zu sein, zu behaupten, es sei ja kein Mensch, was da in einer Schwangeren heranwächst. Oder einfach zu sagen, es sei doch besser für das Kind, gar nicht erst geboren zu werden.}


Außerdem kann ich in letzter Zeit beobachten, wie die Auseinandersetzung mit konservativen Positionen zunehmend keine mehr ist, sondern von einer Diffamierung dieser Meinungen bis hin zur Bedrohung ihrer Vertreter ersetzt wird.

Oder eben auch gleich durch realen Vandalismus oder Brandanschläge.


Um das noch mal in klar zu sagen:
Wegen meiner christlichen Perspektive bin ich dafür, dass Flüchtlingen geholfen werden muss. Und ungeborenen Kindern, und Alten, und Kranken. Und zwar besser geholfen, als mit Abschiebung oder Tod.

Nichts davon verträgt sich mit menschenverachtenden Positionen.

Hingegen halte ich die Behauptung, die Favorisierung eines konservativen Familienbildes sei menschenverachtend für genau so hirnlos, wie die Idee, Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, mit dem Ausdruck "Gutmensch" zu beschimpfen.
Ob ich ein solches habe ist eine andere Frage; schließlich bin ich selbst in einer "Regenbogenfamilie" aufgewachsen.



Irgendwie habe ich den Eindruck, ich befände mich doch in einer sehr kabarettauglichen Lage:
So in zwei, drei Monaten könnte es mir passieren, dass ich auf dem Heimweg von einem Flüchtlingsheim in dem ich ehrenamtlich geholfen habe von Rechten verprügelt werde. Und dann komme ich nach Hause und stelle fest, dass Linke meine Wohnung abgefackelt haben, weil mein Katholizismus sie "nervt".


Die Welt ist und bleibt ein Absurditätenkabinett.


Jesus wusste eben, was er sagte: "Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdnet werdet!" (Mt. 5,11)


Dennoch: Ich wünschte wirklich, die Menschen würden die Argumente ihrer Gegner wahrnehmen und ihre Diferrenzen ausdiskutieren, anstatt sich mit verbaler, physischer oder psychischer Gewalt zu behelfen.

Was tue ich also?
Argumente darlegen so gut ich kann, was sonst? ("Euch immer das gleiche zu schreiben wird mir nicht lästig."Phil 3,1)


Freitag, 16. Oktober 2015

Macht die Schubladen bunter!

Schubladendenken ist eine menschliche Grundkonstante.

Unser Gehirn sortiert Informationen, versieht sie mit Etiketten, unter denen sie schneller abgerufen werden können, clustert sie zu Wissensfeldern. Was zu bereits vorhandenen Informationen passt, können wir uns besser merken, ebenso wie Dinge, die mit einem besonderen Ereignis oder mit starken Gefühlen zu tun haben.
Das Ziel unserer Gedächtnisbildung besteht schließlich nicht darin, uns zu einem wandelnden Lexikon zu machen, sondern in der Lebensfähigkeit. Ich zum Beispiel konnte mir Telefonnummern früher leicht merken. Jetzt geht das gar nicht mehr - ist ja eh alles im Handy gespeichert also wozu auch?

Es ist also prinzipiell so, dass jeder seine eigene Real-life-Filterbubble konstruiert. Ganz natürlich.
Auch Menschen, die uns begegnen, ordnen wir in bestimmter Weise ein. Kollege, Vorgesetzter, Freund, Familie, oder die neue Eroberung meines besten Kumpels? Wir erwarten von Menschen Eigenschaften, die zu dem Umfeld passen in dem sie uns begegnen.
Der erste Eindruck zählt.
Dieses Sprichwort zeugt davon, dass uns sehr wohl bewusst ist, wie schnell andere uns in Schubladen stecken und wie schwer es ist, aus so einer Schublade wieder herauszukommen, wenn man einmal drin gelandet ist.
Der erste Eindruck trügt.
Der sprichwörtliche Gegenpart dazu zeigt, dass auch die Fehleranfälligkeit unserer Schubladensortierung keine unbekannte Erfahrung ist.

Ja, auch ich passe in Schubladen. Und zwar eigentlich nicht in weniger, als man denkt, sondern in mehr davon.
Ich bin ein sehr offener Mensch und komme gerne mit anderen ins Gespräch, wobei ich oft recht viel von mir preisgebe. - Die Vertrauensselig-Schublade und die Guter-Kumpel-Schublade.
Ich kann aber auch recht unsicher sein und bin manchmal unbeholfen und verhuscht, manchmal träume ich einfach nur... - die Unhöflich-Schublade, vielleicht sogar eine Eingebildet-Schublade - und das bin ich nun wirklich nicht, ich bin für jeden Scheiß zu haben! Achja, das wäre dann die Mit-der-kann-mann's-ja-machen-Schublade. Aber die Kumpel-Schublade wird von dieser Eigenschaft auch gefüttert und auch die Auf-die-kann-man-sich-verlassen-Schublade.
Ich bin hilfsbereit (Helfersyndrom-Schublade trifft auf Gutgläubigkeits-Schublade) und weiß gleichzeitig, meine Kräfte einzuteilen (Faules-Stück-Schublade).
Jetzt wird's hier aber schon ganz schön bunt.
Und das, bevor ich irgendwas zu meinen Einstellungen und Überzeugungen gesagt habe oder zu meinem Backround.

Tatsächlich beobachte ich in letzter Zeit, wie stark die Leute dazu neigen, jemanden wegen seiner Meinung zu einem Thema in eine Schublade zu stecken und in die xy-Ecke zu stellen.
Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, dass es vielleicht noch viele andere Themen gibt, zu denen man vielleicht übereinstimmender Meinung ist.
Dies führt dazu, dass man sich mit der Person und oder der fraglichen Meinung gar nicht mehr auseinandersetzen will: Ab in den Giftschrank und ruhe im Karton!

Ich persönlich denke schon, dass es legitim ist, ein bestimmtes Thema nicht diskutieren zu wollen. Manchmal kann man gerade nicht. Weil es einen zu sehr aufregt, oder weil persönliche Gefühle es einem nicht erlauben, sachlich zu bleiben, oder weil es einem so wichtig ist, dass man es nicht erträgt, wenn jemand die eigene Meinung nicht teilt.

Zum Beispiel bekomme ich seit mehreren Wochen täglich Mails mit Links zu fremdenfeindlichen Artikeln. Manchmal checke ich mein Postfach tagelang nicht, weil ich einfach keinen Bock habe auf diesen Müll.
Ich bin mit der Person verwandt, und bevor diese mir zum ersten Mal ihre Meinung über Ausländer kommunizierte, haben wir uns gut in allem verstanden.
Dann habe ich eine zeitlang den Kopf in den Sand gesteckt und mich nicht mehr zurückgemeldet. Doch irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten und auf jede fremdenfeindliche Mail geantwortet mit Gegenargumenten, Links mit Gegendarstellungen und Gegenbeispielen. Es hat mich wirklich mitgenommen, den ganzen Geifer lesen zu müssen, und ich habe viel Zeit darauf verwendet, zu recherchieren und dann in Mails meine Ansicht darzulegen. Meine Argumente wurden dabei häufig ignoriert; statt einer konkreten Antwort wurde ich zum Beispiel auf Meldungen über von Ausländern verübten Verbrechen aufmerksam gemacht. Meist habe ich mich einfach nur hilflos gefühlt, manchmal war ich auch würend darüber. Einmal habe ich gesagt, das seien doch alles Propagandameldungen. Gebracht hat es natürlich nichts. Außer, dass die Person mich aus ihrem Verteiler genommen hat. Trotzdem bekomme ich manchmal noch Spam: da ich mich als "Gutmensch" geoutet habe, muss ich "bekehrt" werden.
Nein, ich will das nicht diskutieren. Ich finde es unerträglich, dass man es überhaupt diskutieren muss. Asylrecht ist ein Menschenrecht und basta. Und Menschen, die gerade hier ankommen, schlechte Absichten zu unterstellen, weil man Angst hat vor dem was man nicht gewohnt ist, ist einfach ungerecht. Punkt.
Dennoch werde ich weiterhin mit der Person reden. Und wenn es sein muss, auch darüber. Letztlich steckt da vielleicht auch so etwas wie Trotz drin: wäre ja noch schöner, sie in dem Glauben zu lassen, ihre Einstellung sei normal...
Gleichzeitig weiß ich natürlich, dass die Person Fremdenfeindlichkeit sehr wohl für normal hält und mich für blind. Das muss ich jetzt aushalten.

Aber zurück zu mir und den Schubladen. Also in Sachen Einstellung ist schon mal die Gutmensch-Schublade hinzugekommen. Über ichhelfe.jetzt habe ich mich als Freiwillige registriert und außerdem unterstütze ich die Aktion bloggerfuerfluechtlinge. Bin ich jetzt in der Refugees-Welcome-Schublade? Schon n bissl rote Farbe zu sehen? Wie wär's mit Grün?
Ich bin tatsächlich der Meinung, man sollte möglichst nur Recycling-, Bio- und Fair-Trade-Produkte verwenden. Jeder nach seinen finanziellen Möglichkeiten natürlich. Ich kaufe durchaus gerne Second-Hand-Klamotten. Außerdem lasse ich die Finger von Palmöl und allem, was selbiges enthält, so gut ich kann. Das ist gar nicht so leicht, denn Palmöl ist sowohl in Kosmetika als auch in Lebensmitteln ein sehr häufiger Inhaltsstoff. Ich mag nur nicht für das Aussterben der Orang-Utans mitverantwortlich sein. Außerdem boykottiere ich Nestle. Zum Glück trinke ich meist nur Leitungswasser, Kaffee oder Tee, denn wenn man das mal bei Tante Wiki nachschlägt, hat man den Eindruck, dass alle Getränkemarken zu Nestle gehören, ganz zu schweigen von Fertigwaren. Die drei Schokoladenhersteller, die nicht Nestle sind, kann ich mir noch merken. Außerdem schmeckt Bio-Schokolade eh besser. Nestle kauft nämlich Brunnen in Entwicklungsländern auf, wodurch dann Menschen der Zugang zu Trinkwasser abgeschnitten wird (und das ist nur eines von vielen Problemen, die der Konzern verursacht). Ich war auch schon auf der "Wir haben's satt" Demo. Öko-Schublade.
Ich bin aber kein Vegetarier. Ignorante-Fleichschfresser-Schublade.

Und jetzt wird's noch besser: ich bin katholischen Glaubens. Seit meinem 18. Lebensjahr, um genau zu sein. Ach du Scheiße, na das ist ja vielleicht ne Schubladennummer! Jetzt wird's lustig:
Konservativ-Schublade. Hm. Ähhh... verträgt sich das mit Öko? Und Gutmensch? Mit Refugees welcome? Nein? Na so'n Pech. Dann passt die wohl nicht, oder wie?
Intoleranz-Schublade. Okay, also... Intolerant gegen wen? Ausländer hatten wir schon. Stimmt also nicht. Ach ja, Homosexuelle! Katholiken haben doch was gegen Homosexuelle! Nee, sorry Leute, das passt nich so wirklich. Meine Mutter lebt mit einer Frau zusammen seit ich 7 war. Wenn ich das Wort Eltern benutze meine ich damit meine Mutter und ihre Lebensgefährtin. Ich hab natürlich auch einen Vater, den nenn ich Papa. Aber Eltern sind halt die, die mich großgezogen haben. Mein Schülerpraktikum in der neunten Klasse habe ich im Queer Verlag absolviert. Und ich würde es auch nochmal machen, wenn ich ein Praktikum bräuchte. Und man mich ließe. Achja, aber ich bin intolerant gegen Nazis.
Ich bin aber nicht nur für Umwelt- und Tierschutz, sondern auch für Lebensschutz. Das Leben von Flüchtlingen zum Beispiel, aber auch das Leben von denen, die gar keine eigene Stimme haben; Schwerbehinderte oder ungeborene Kinder zum Beispiel. Ich habe schon mal ein Projekt zum Thema Behindertensport begleitet. Und ich bin bei der DKMS als Knochenmarkspender registriert... - Na, aber jetzt nicht rausreden hier! Zugeschnappt! Voll drin in der Abtreibungsgegner-Schublade! Nazi! ...Wie meinen? Siehe oben; Gutmensch, pro Asyl, Umweltschutz und so. Und nein, ich bin nicht der Meinung, ein konservatives Familienideal sei das allein seligmachende. Ich weiß nämlich aus Erfahrung, dass es auch anders geht. Ich finde nur, dass es bei ungewollten Schwangerschaften genug andere Lösungen und Hilfsangebote gibt, und dass man diese Möglichkeiten nicht ignorieren sollte.

Ist Abtreibungsgegner sein so schlimm wie Nazi sein?
Also meine Verwandte, die mit den fremdenfeindlichen Mails, die ist für Abtreibung.
Und sie ist nicht nur keine Katholikin, sie distanziert sich sogar ausdrücklich vom Christentum. Sie sei Buddhistin, sagt sie.

Spätestens an diesem Punkt kommt mein Grübeln über Schubladendenken an seine Grenzen.
Oder auch nicht. - Was ich dazu denke, lässt sich mit dem Satz zusammenfassen: Ich finde es erschreckend, wie Positionen, die auch nur konservativ aussehen, in die Nazi-Ecke gestellt werden. Mit diesem Begriff sollte man nicht spaßen - und die Bedenkenlosigkeit die ich da zuweilen beobachte finde ich pietätlos und beleidigend.

Es gibt mit Sicherheit Vieles, wo ich mit euch einer Meinung bin, und ebenso Vieles, wo sich unsere Ansichten total unterscheiden oder sogar komplett gegenseitig ausschließen.
Leute, was kann ich dafür, dass ich - genau wie bei näherer Betrachtung jeder Mensch - eure Schubladen sprenge?
Macht sie weiter, macht sie bunter. Die Schubladen.

Leben und leben lassen.

Freitag, 9. Oktober 2015

Wider den gesunden Menschenverstand...

... sind manche Aktionen und Gerüchte, die offensichtlich in der Absicht verbreitet werden, Angst zu schüren.


Als ich es zum ersten Mal sah, sah ich es nicht.
Einige meiner Facebook Kontakte posteten einen Black Screen mit dem Kommentar, ein bestimmtes Foto nicht ansehen oder verbreitet wissen zu wollen.
O-Ton war dabei: Wir trauern um Aylan Kurdi. Und wir wollen ein Zeichen setzen für die Würde dieses Kindes, dessen Bild gerade (auch) trauernde Angehörige wieder und wieder sehen müssen, weil es zum Symbol wird.

Dann stoplerte ich über einen Artikel in dem es hieß, man solle der Flüchtlingskatastrophe - durchaus auch mit solchen Bildern - ein Gesicht geben.


Doch es passierte, was passieren musste: die Schlacht begann.

Ebenjener Vater sei Schlepper und außerdem wollte er nur deswegen nicht in der Türkei bleiben, weil er seine Zähne machen lassen wollte...

Oh ja, das Verbreiten von verleumdnerischen Gerüchten über den Vater ist natürlich ein geeignetes Mittel, um gegen die Instrumentalisierung eines toten Kindes zu protestieren.
Und dabei kann man der "Lügenpresse" auch mal so richtig zeigen, wo der Hammer hängt.

Leute, was habt ihr bloß mit eurem gesunden Menschenverstand gemacht?


Ja, die Familie hat zuvor versucht, nach Kanada zu emigrieren.
Ja, es gibt scheinbar zwei abweichende Versionen vom Bericht über die tragische Nacht, beide aus dem Mund des Vaters, der in ebendieser Nacht seine gesamte Familie verlor.
Ja, es ist auch mir nicht gelungen, eine Erklärung dafür zu finden, warum eine Familie, die in jener Nacht ebenfalls zwei Kinder verlor, angibt, der Vater Aylan Kurdis sei Schlepper.

Doch kann ich nach Prüfung der Sachlage feststellen:

In der Türkei wurden bereits mutmaßliche Schlepper, die auch für den Tod von Aylan Kurdi und weiteren Flüchtlingen in jener Nacht verantwortlich sein sollen, verhaftet.
Der Vater von Aylan Kurdi wurde nicht verhaftet.
Es findet sich auch keine andere Person, die diesen Verdacht bestätigt, und das, obwohl in einigen Artikeln von weiteren Zeugen die Rede ist.
In jener Nacht kenterten zwei Schlauchboote. Letztlich lässt sich nicht nachweisen, wer auf welchem war.
Die Interviews wurden beide übersetzt, beide außerdem kurz nach dem Unglück aufgenommen, da muss man nicht annehmen, dass der Vater von Aylan Kurdi lügt, um Unstimmigkeiten zu erklären.
Auffällig ist, dass ein Zeitungsbericht meldet, insgesamt seien drei Kinder unter den Ertrunkenen in Aylan Kurdis Boot gewesen, davon zwei die Geschwister Kurdi, während ebenjene Familie, die bezeugt, Aylan Kurdis Vater sei Schlepper, ebenfalls zwei Kinder bei ihrer Überfahrt verloren hat.
In der Türkei haben die Flüchtlinge keine echten Chancen, sich zu integrieren; statt dessen müssen sie zu Dumpinglöhnen arbeiten, sich irgendwie über Wasser halten. Da ist klar, dass man weiter will, sobald man merkt, dass man nicht zurück kann, weil die Situation zu Hause unverändert ist. Denn in der Türkei kann man sich kein neues Leben aufbauen. Der Vater von Aylan Kurdi hat sogar so schlecht verdient, dass seine Schwester von Kanada aus seine Miete zahlen musste.
Die Türkei verweigert den Flüchtlingen die Anerkennung ihres Status und drängt sie so in ein halbillegales Leben. Dadurch haben sie keine gültigen Papiere und ihre Ausweise sind nichts mehr wert. Sie erhalten keine Ausreisevisa und können sich nicht von der UN als Flüchtlinge registrieren lassen. Im vorliegenden Fall wurde der in Kanada gestellte Asylantrag von Aylan Kurdis Familie abgelehnt, weil eben diese Papiere fehlten.
Dem Vater von Aylan Kurdi fehlen Zähne, weil er von dem IS gefoltert worden war.

Und nicht zuletzt fragt sich doch jeder geistig gesunde Mensch:


Wieso sollte ein Schlepper seine Familie mit auf ein Boot nehmen?

Ein berechnender Geschäftsmann, der sich sehr wohl bewusst ist, dass er Gesetze bricht und seine Klienten in Lebensgefahr bringt, nimmt seine Familie, bestehend aus einer Frau die nicht schwimmen kann und zwei Kleinkindern die ebenfalls Nichtschwimmer sind, mit auf ein überladenes Schlauchboot?
Klar.
Den Medien, die das verbreiten kann man, im Gegensatz zur "Lügenpresse" ja wirklich mal glauben!

Sonntag, 4. Oktober 2015

Vier Monate zusammen und noch immer nicht...

... verblödet, äh verbloggt, äh nein, doch, verblödet


Nein, ich habe nicht die Absicht, etwas dazu zu sagen, wie die Beziehung zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und den Bloggern aussieht im Vergleich dazu wie sie aussehen sollte.

Die Palme auf der ich diese Überschrift fand wurde von jemand anderem gepflanzt:
Ellen Jacobi. Ihr auf dem Jakobsweg spielender Roman "Frau Schick räumt auf" ist besser geschrieben als unsere letzte Nachtlektüre. Nur leider strotzt sie umso mehr von blöden Ideen derselben Art.

Der Roman wurde mir von einer lieben Freundin geliehen. Wäre es mein Buch, hätten wir den Text wohl bereits redigiert. Um 2/3 kürzer wäre es wahrscheinlich ein guter Roman. So beschlossen wir gestern, hm, eigentlich wollen wir ja doch weiterlesen, wir tun einfach so als sei das letzte Kapitel nicht existent.

Man kann sich ja fragen, wieso wor sowas tun. Also schlechte Literatur lesen, die auch noch Themen verunglimpft mit denen wir zwei uns nicht nur besser auskennen als die Autoren, sondern die uns auch noch am Herzen liegen. Nun ja. Sagen wir mal, sich gemeinsam zu amüsieren kann eben viele Formen annehmen... Es ist so ein bisschen wie beim gemeinsamen Schlagabtausch mit der Facebook Repräsentanz des Bistums Münster. (Und wehe hier sagt jetzt einer, wir sollten uns nicht gegenseitig hochjubeln!)

Doch genug der Vorrede.
Her mit der Palme!
Ich zitiere:

"Immer nur verliebt und wie mit Pattex aneinandergeklebt, das führt doch zur Verblödung!" (S. 222)

Wir haben erst mal gelacht.

Doch was genau steckt eigentlich hinter dieserm postfeministischen Liebes-unglauben?
Ich spule mal ein paar Sätze zurück:

"Die meisten jungen Leute haben da heute ja höchst unvernünftige Erwartungen und gehen sofort auseinander, wenn es mit der Romantik in der Ehe nicht mehr klappt. Romantik ist ja geradezu eine neue Religion." (ebd.)

So weit so zustimmungsfähig.
Wir waren auch erst mal direkt erstaunt, wo die Autorin so plötzlich ein weises Wort hernahm.

Doch die dem folgende Gleichsetzung von Liebe, Romantik und Verliebtheit offenbart den Fehler im System.
Aber keine Angst, es geht noch platter:

"Immerhin haben sie und Paulchen einander immer respektiert und auch das Bedürfnis nach Eigenleben. Sie haben ihre Persönlichkeiten nie dem Partnerlook geopfert [...]" (ebd.)

Also. Postfeministische Lebens- und Liebesweisheit mal kurz auf eine Formel gebracht:
Liebe = Romantik = Verliebtheit = das, was einen zu solchen Plattitüden wie Partnerlook treibt = Aufgabe der eigenen Persönlichkeit
Klar.


Nun, ich bin eigentlich schon immer der Meinung gewesen, dass die gegenwärtige Zeit es einem besonders schwer macht, seinen geeigneten Partner zu finden.

Der moralische Liberalismus erlaubt es nämlich, dass romantische Gefühle zur Bedürfnisbefriedigung missbraucht werden.
Doch machen wir uns nichts vor: Das ging früher auch. Und hinterließ weit dramtischere Spuren, wenn etwa eine Sitzengelassene der gesellschaftlichen Ächtung ausgesetzt war und, allein, vielleicht aus Familie und Heimat verstoßen, ein ebenso geächtetes Kind durchbringen musste.
Heute ist es nicht im geringsten ungewöhnlich, wechselnde oder eben gar keine Beziehungen zu haben. Ich z.B. bin in der Überzeugung aufgewachsen, allein erziehende Mutter zu sein ist genau so normal wie eine Familie mit Partner zu haben. Natürlich ist diese durch mein kindliches Erleben geprägte Auffassung schon eine gewisse Zuspitzung, lässt sich doch festhalten, dass es in der Gesellschaft schon auch ein Problembewusstsein gibt dafür, dass es eben allein mit Kind schwer ist.

Der Punkt ist: Heutzutage ist es normal, schnell Beziehungen einzugehen und mit dem Partner im Bett zu landen, bevor man Zeit hatte zu überprüfen, ob die Verliebtheit denn auch wirklich zu echter Liebe heranwachsen kann. Verliebtsein ist romantisch, deshalb schön. Stimmt soweit. Falsch aber ist es, anzunehmen, genau deshalb haben Vorsicht und Geduld da nichts zu suchen.

Ja, ich bin meine Beziehungen auch so schnell eingegangen. Alle. Ich konnte schlicht nicht anders, weil es mich zu dem drängte, an den mein Herz sich zu hängen anfing.
Ich habe nie gelernt, wie man es schafft, das Herz aufmerken zu lassen, den Schritt zu lenken und zu verlangsamen, um erst zu prüfen, ob sich denn da, bei diesem, auch Boden findet, auf dem ich und mein Herz leben können.
Dazu kommt, dass Vorsicht dieser Art heute nicht mehr als Sorgfalt erkannt wird. Allzu schnell hält man für Abweisung und Lieblosigkeit was sich doch eigentlich gerade aus echter Liebe speist.
Ist ja auch kein Wunder; in einer Gesellschaft, in der es normal ist, zumindest theoretisch mit jedem ins Bett zu gehen der einem auch nur gefällt.

Als ich 16 war stellte mir eine zwei Jahre ältere Freundin am Telefon die Frage, ob sie noch normal sei. Es ging darum, dass sie mit 18 noch Jungfrau war. Natürlich ist das noch normal, machte ich mich stark.
Aber was ich nicht wusste und was mir die gesamte Atmosphäre um mich herum anders beigebracht hat ist, dass es nicht total absurd ist, mit jemandem den man liebt nicht gleich ins Bett zu geben.
In diesem Sinne haben die Postfeministinnen Recht:
Wer sich von Romantik dazu verführen lässt, Verliebtheit vorschnell mit Liebe gleichzusetzen, macht sich verletzlich und bringt sich in die doppelte Gefahr der Vereinnahmung einer- und des Sitzengelassenwerdens andererseits.

Wenn es in einer übereilt aus romantischer Verblendung eingenangenen Beziehung an Liebe mangelt, ist man in einer ständigen Bringepflicht: Man muss dem anderen jeden Tag aufs Neue beweisen, wie man den anderen am Anfang so begeistern konnte.
Ich werde nie den bodenlos enttäuschten Gesichtsausdruck meines Ex vergessen, als er mir, mit einer Mischung aus Ratlosigeit und Vorwurf, sagte: "Und ich dachte, du wärst fleißig!"
Oder wie er, neben anderen Vorwürfen, die er im Annulierungsprozess erhob, um meine Glaubwürdigkeit zu diskreditieren, schrieb, ich habe bei der morgendlichen Zubereitung von Schnittchen für seine Mutter keine Rücksicht darauf genommen, was sie aufgrund ihres krebsgeschädigten Magens nicht vertrug.

Bringepflicht:
Ich habe, nicht täglich, aber doch gewohnheitsmäßig, solche Sachen gemacht wie für meine Schwiegermutter etwas vorbereiten, dabei - natürlich! - Brotbelag gewählt, den sie bevorzugte und mit der geringen Auswahl versucht, eine durch Abwechslung anregende Mischung zu finden, damit sie sich nicht ausschließlich von Kuchen ernährte, oder gar nichts aß. Weniger erfolgreich war ich in Sachen Haushalt; sowas wie Staubsaugen und Staubwischen etc. habe ich nicht in einem wöchentlichen Rhythmus geschafft, jede Woche die Wäsche zu machen ging meist noch gerade.
Liebe, Zuneigung oder auch nur Respekt konnte ich damit nicht erwerben.

Wahrscheinlich bin ich verblödet.


Aber, liebe Postfeministinnen, diese Phänomene haben mit Liebe nichts zu tun.

Sie werden möglich, weil es heutzutage nicht mehr notwendig ist, sich einer Person an der man ein sexuelles Interesse hat, mit respektvoller Vorsicht zu nähern. Sie werden möglich, weil es heutzutage verpönt ist, abzuwarten und sich zurückzuhalten, bis man wirklich weiß, ob diese Verliebtheit zu echter Liebe wachsen kann, oder ob es sich nur um eine romantische Verblendung handelt. Sie werden möglich, weil man allzu oft nur die Wahl hat, ob man sich jemandem jetzt verpflichtet fühlen soll, weil er einem den Hof macht, oder eben nicht.


Ich bin davon überzeugt, dass eine Erziehung, in der mir beigebracht wird, wie zum Teufel noch mal man es anstellt, seine Jungfräulichkeit zu bewahren, mir (und auch den meisten anderen Menschen!) viel Seelenqual und biografische Irrwege erspart hätte. Aber dieses Wissen ist und bleibt mir verborgen.


Wie habe ich das gelöst?

Ich habe nach einer sehr schmerzhaften Zeit sehr genau gewusst, worauf ich achte, ganz von selbst haben sich anhand der Negativerfahrung in mir die Fragen gebildet: Welche Eigenschaften muss ein Mann haben, damit ich ihn wirklich lieben kann, mit allem was dazugehört? Welche Eigenschaften braucht er, damit er mich so lieben kann wie ich bin? Welche Eigenschaften stören mich an einem Mann so sehr, dass ich ihn nicht verstehen, nicht lieben, nicht respektieren könnte? Welche Eigenschaften würden es ihm erschweren, ja unmöglich machen, mich zu verstehen, zu lieben und zu respektieren?
Das Leben hielt mich fest am Ort der Schmerzen, bis ich auch die Antworten hatte.

Und dann kam das Wunder:
Beim Lesen eines gewissen Blogs ging bei mir ein Licht an und die aus den Antworten gebildete 'innere Liste' klappte auf:
Ich las und las und las und ein Häkchen nach dem anderen erschien.
Ein Screenshot verriet mir den Namen seines Facebook-Profils - genau zwei Tage bevor Zuckerdose ihn aufforderte, seinen realen Namen im Profil anzugeben.
Ein Blick in die Info-Rubrik setzte ein weiteres wichtiges Häkchen in meine Liste.

Und jetzt wollte ich sehen, ob das Potential sich in der Begegnung tatsächlich entladen würde.

Es tat's.

Mein Liebster und ich sind tatsächlich gerade etwas mehr als vier Monate ein Paar.
Und wir können immer wieder erstaund feststellen:
Es ist gar nicht langweilig, sich die ganze Zeit zu sagen, dass man sich lieb hat.
Da braucht man auch kein Pattex.
Und der Partnerlook wird davon auch nicht angelockt.

Samstag, 26. September 2015

Erkenntnis

Seit dir
weiß ich es genau:
Glück verjährt nicht.
Es wird weder langweilig
noch schal.
Die Leute
lügen einfach, vielleicht,
weil sie es sich nicht vorstellen können.
Doch:
Glücklicher sein als je denkbar war
nutzt sich nicht ab.
(Wie man ja übrigens
auch nach Jahren des Unglücks
nicht weniger Schmerz empfindes, aber das nur nebenbei.)

Das Staunen
wird geringer, weil Vertrauen wächst.
Dankbarkeit
nimmt zu.

Man wird nicht einfach
übersättigt von Freude.
Freude
berauscht, aber sie macht nicht trunken.
Freude sättigt,
aber sie macht nicht dick.

Ich entwickle
ganz neue Kapazitäten
und Kräfte,
wenn es darum geht, zu verarbeiten,
wie schön
es
ist
mit dir.

Mittwoch, 23. September 2015

Gut Fuß!

Es war einmal eines schönen Tages, als Gutfuß und Bösfuß noch Rechtsfuß und Linksfuß hießen, da waren sie beide ganz einträchtig auf demselben Fahrrad unterwegs, und immer wenn Linksfuß oben war war Rechtsfuß unten und umgekehrt.

Da sendete das Gehirn eine Gefahrenmeldung: "Achtung, drohende Kollision mit parkendem Auto, ich lenke über Schiene. Vorsicht!"

Und noch bevor Linksfuß und Rechtsfuß Hasenfüße werden konnten - BUM! TSCHAKKA! WUSCH! Kawumm und kabolz flogen sie samt Fahrrad auf den Asphalt, denn der Fahrradreifen hatte sich in der Schiene verkeilt.
Und weil das Fahrrad nach links umfiel, konnte Rechtsfuß sich vom Pedal wegstrecken in die Luft, bis er zusammen mit allem Anderen auf dem Boden landete. Aber Linksfuß erging es schlecht. Er wurde gestaucht zwischen Pedal und dem umgefallenen Bein was vom Knie aus drückte und rückte, verdreht zwischen Pedal und Straße, gequetscht zwischen Straße und Fahrrad und gezerrt und gezogen von der ganzen Bewegungsenergie, denn das alles ging sehr schnell.
Und Linksfuß wurde furchtbar böse und machte großes Aua.

Das Gehirn war erst mal verdattert und es kamen lauter Leute, die setzten alles zusammen auf eine Bank und riefen den Notarzt. Währenddessen wachte das Gehirn auf, aber nur, um laut aua zu schreien, und dann machte es noch ein bisschen Schock. Dann sortierte das Gehirn, aha, die Brille ist noch da und uns ist schon gar nicht mehr schlecht, und das Aua ist zum Glück nur am Fuß.

"Was heißt hier nur?" Dachte sich Linksfuß, denn er war ziemlich kaputt und furchtbar böse. Er wollte auch kein Eis drauf haben - das hatten die Leute vom Krankenwagen draufgetan -, weil das Gewicht vom Eis da drückte wo es kaputt war.

In der Notaufnahme gab es Schmerzmittel, intravenös, so dass das große Aua von Linksfuß beim Gehirn nicht mehr ankam, wodurch sich sofort die allgemeine Laune besserte. Nur Linksfuß war noch immer ganz kaputt und furchtbar böse.
Auf dem Röngten konnte man sehen, dass Linksfuß nicht gebrochen war. Außer am Zeh. Am Gelenk war auch was kaputt, aber wie schlimm das wirklich war war nicht zu sehen. Schließlich gibt es in so einem Fuß ja nicht nur Knochen und das was nicht nur Knochen ist kann man auf dem Röntgenbild nicht sehen.
Linksfuß bekam jedenfalls erst mal eine Schiene und das war's dann auch schon.
Aber er war immer noch furchtbar böse.

Doch außer Schmerzmittel nehmen und ihn hochlagern war erst mal nix zu machen. Das muss noch mal genauer angesehen werden, wenn es abgeschwollen ist, hieß es, und zumindest was das genauer Ansehen betraf war Linksfuß durchaus auch der Meinung, aber wie er bei dem ganzen Salat abschwellen sollte wusste er auch nicht. Also blieb er immer noch böse und wurde ein richtiger Bösfuß.
Währenddessen musste Rechtsfuß die ganze Arbeit alleine machen, zusammen mit den Armen und Schultern und Bauchmuskeln. Auf Krücken nämlich. Und weil Rechtsfuß ja nichts anderes machen konnte, als sich in sein Schicksal zu ergeben und sein Bestes zu tun, wurde er kurzerhand zum Gutfuß. Gezwungenermaßen.

Bösfuß konnte nur rumliegen oder -hängen und außerdem machte er große Panik wenn ihm jemand zu nahe kam. Und großes Aua natürlich, aber das merkte keiner mehr, denn es gab ja die Schmerztabletten.
Dann kam Bösfuß ins MRT und der ganze Salat wurde sichtbar.
Kurz gesagt, Bösfuß war nicht umsonst so furchtbar böse. Er war nämlich sehr gründlich kaputt. Eine Menge Sehnen waren gerissen, und andere waren gezerrt, und außerdem waren die Knochen innen drin geschwollen, im Knochenmark; sie waren nämlich nur man gerade so nicht gebrochen und hatten furchtbare Mühe damit gehabt.

Jedenfalls musste Bösfuß operiert werden. Wenn nämlich so sehnige Sehnen zerreißen, dann schnipsen sie weg wie Schnipsgummi und deswegen können die auch nicht wieder heilen, wenn man sie nicht wieder langzieht und zusammennäht. Und einige abgeplatze Knochenteile mussten auch wieder rangeheftet werden.
Das war ja alles ganz schön und gut, aber Bösfuß hatte in der OP viel Stress und er machte unvergleichlich großes Aua, noch viel größer als überhaupt jemals zuvor. {Also wer jemals gedacht hatte, dass eine Wurzelbehandlung mit offen liegenden Nervenenden am Zahn schlimm ist, der hat noch nie einen Knochen verschraubt bekommen.} Erst nach anderthalb Tagen beruhigte sich Bösfuß wieder soweit, dass die normalen Schmerzmittel wirkten und er stellte fest, dass man ja so eigentlich ganz hübsch und in Ruhe wieder zusammenwachsen kann.

Aber das dauert.

Und dauert...

Und dauert.

Und in all der Zeit vergaß Bösfuß vollkommen, wie man sich eigentlich so fußig bewegt und erst recht wie man geht. Und Gutfuß wurde so langsam quengelig, weil er die Nase voll davon hatte, immer alles alleine zu machen. Außerdem mochte er nicht immer so auf den Boden gepatscht werden. Zum Abrollen braucht man nämlich beide Füße.

Bösfuß heilte also so vor sich hin und wurde wieder friedlich und es brauchte bald gar keine Schmerzmittel mehr und statt dessen gab es Bewegungsübungen.

"Gut Fuß!" Sagte das Gehirn und "Nur Mut! Das wird schon!" Und ließ den Fuß vorsichtig auf und ab nicken.

Sonntag, 20. September 2015

Are we the baddies?

Meine Eindrücke vom Marsch für das Leben.


In diesem Jahr musste ich mir einen Rollstuhl vom DRK ausleihen, um teilnehmen zu können.
Normalerweise komme ich mit den Krücken zurecht - mein Fuß heilt ja nun schon lange genug vor sich hin - aber mehr als 300m am Stück ist zuviel.

Geschoben von meinem Schatz kam ich mir gleichzeitig königlich vor und fühlte mich liebevoll umsorgt, während andererseits ein Gefühl von Unselbstständigkeit nicht ausblieb.

Jedenfalls war alles noch mal extra Abenteuer. Immerhin war ja auch talk like a pirat day, Arrr.
Leinen los und ab ins stürmische Gewässer!

Schon auf dem Weg vom Hauptbahnhof zum Platz vor dem Bundeskanzleramt kamen wir, inzwischen zu viert, an einem aufgemalten Gruß der Gegendemo vorbei:
"My vagina my choice."

Sehr richtig. Wenn man sorgfältig auswählt, wen man wann an seine Vagina lässt, wird man auch nicht ungeplant schwanger. Immer noch das beste Mittel zur Vermeidung von Konfliken, die zu Abtreibung führen könnten.

Ich persönlich halte das ja für einen echten running Gag, dass die Gegendemonstranten beim Marsch für das Leben offenbar so schlecht darüber informiert sind, wofür eigentlich der Marsch für das Leben steht und  voll an der Sache vorbei argumentieren. Wie sagten sie so schön? An einer inhaltlichen Auseinandersetzung sind wir nicht interessiert. Merkt man.
Wobei man sich ja sowieso fragen kann, ob die eigentlich überhaupt bedenken, was sie da brüllen. Doch dazu später.

Voererst veranlassten mich diese Betrachtungen zu dem Kalauer, zur Vermeidung der ungewollten Passage eines ungeplanten Kindes durch die Vagina (wir erinnern uns; "My vagina my choice"), würde sich doch ein Kaiserschnitt eignen.
Immerhin kommt das tote Kind nach einer Abtreibung auch durch selbige raus, es ist also zur Wahrung der Rechte der eigenen Vagina keine geeignete Methode.

Am Platz vor dem Bundeskanzleramt wurden mein Schatz und ich durch die Absperrung auf einen Stelle direkt vorne, rechts von der Bühne, gewinkt.
Bloggerprominenz mit Rollifahrerin im Gepäck: da muss man nicht erst das Deck schrubben.

Die Stimmung war gut, als wir ankamen gab es gerade eine Darbietung des Chors Kunterbunt, ein Behindertenprojekt der Berliner Stadtmission.

Auf einigen Plakaten las man 'Inklusion statt Selektion'.
Andere zeigten Abbildungen von Kleinkindern mit Down-Syndrom oder einfach Familienszenen. Zu lesen war außerdem 'Kinder sind keine Ware', 'Willkommenskultur auch für Babys', 'Echte Männer stehen zu ihrem Kind', 'Kein Tod auf Rezept' und noch viele weitere Sprüche.

Die Rede Martin Lohmanns (hier das Video von 2014) machte deutlich, dass es um die Würde des Menschen geht und um den Respekt vor dem Menschen mit seinen Bedürfnissen, aber auch mit seiner Verantwortung.
In jedem Stadium des Lebens, ob vor der Geburt oder in Krankheit und Alter sagen wir: "Ja zu mehr Hilfe für's Leben".
In diesem Jahr betonte Martin Lohmann besonders, dass es sich um ein Ansinnen handelt, das universell ist und wendete sich damit direkt gegen die Deutung des Marsches für das Leben als Aktion "fundamentalistischer Christen" und/oder "Nazis". Wir brauchen keine Ideologie, wir sind keine Extremisten.

Man muss sich eigentlich nur mal das Handout zum Marsch für das Leben durchlesen, um zu sehen, dass es hier weder um die Favorisierung eines bestimmten Familienbildes noch um die Ächtung sexueller Freiheiten geht. Vielmehr ist das Kind im Mutterleib zu schützen, indem man der Mutter die Hilfe und Aufklärung zukommen lässt, die sie braucht, um auch schwierige Situationen durchzustehen. Wie es zu der (unerwarteten) Schwangerschaft gekommen ist, ist dabei nicht relevant und wird keiner Wertung unterzogen.

Und, anders als unsere Gegner, haben wir die Erkenntnisse moderner Medizin auf dem Schirm:
Nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle entsteht neues menschliches Leben. Vom ersten Augenblick an ist der Chromosomensatz, 46XY/XX, vollständig und einzigartig. Haar- und Augenfarbe sind, wie viele andere Anlagen auch, bereits festgelegt, ebenso das Geschlecht. Ab der dritten Woche sind alle Organe angelegt, nur kurze Zeit später ist beim werdenden Kind Schmerzempfinden  vorhanden und das Herz beginnt zu schlagen.
Der Mensch ist Mensch, von Anfang an.
Natürlich kann ein Embryo sich nicht äußern. Aber das kann ein Baby zunächst auch nur sehr eingeschränkt und auch ein dementer Mensch kann die Fähigkeit dazu verlieren.

Wir lassen uns den schwarzen Peter nicht zuspielen. Wir sind nicht die Bösen. Wir sind gegen niemanden - übrigens auch nicht gegen Frauen, die abgetrieben haben: Angebote zur Hilfe bei Problemen nach einer Abtreibung (Post Abortion Syndrom) gibt es außerhalb von Lebensschutzverbänden überhaupt nicht.

Es geht darum, Abtreibungen zu verhindern. Nicht darum, Menschen zu be- oder verurteilen.

Zum Abschluss folgte die Mahnung, sich nicht provozieren zu lassen.
Der Marsch für das Leben ist einerseits eine Gedenkveranstaltung für vor der Geburt getötete Kinder (deshalb tragen wir Kreuze!), andererseits möchte er auf die Thematik aufmerksam machen.
Dabei geht es letztlich darum, dass die Tötung eines Menschen - egal in welcher Verkleidung sie daherkommt - niemals zu rechtfertigen ist.
Aus diesem Grund sind Abtreibungsgegner auch gegen Sterbehilfe, die letztlich eine Wiederkehr von Euthanasie darstellt oder dem zumindest den Weg bereitet.
Erwähnenswert ist an dieser Stelle der Bericht eines Betroffenen. Nach einem gescheiterten Selbstmordversuch ist er ausdrücklich froh, zu leben und berichtete in einem kleinen Auftritt, dass viele Menschen mit denen er ins Gespräch kam, weil sie ebenfalls einen Sebstmordversuch überlebt hatten, das genau so sehen.

Fröhlich setzten wir uns in Bewegung.
Ich war zufrieden, dass mein Fuß inzwischen schmerzfrei und auch nicht mehr übermäßig empfindlich ist.
Das Laufen in der Menge hätte ich frisch operiert schon allein wegen der Nerven nicht ausgehalten: Auf dem Weg zu einer Kontrolluntersuchung, noch im Krankenhaus, war ich in totale Panik geraten, wenn irgendein Hindernis meinem Rollstuhl oder Fuß auch nur nahe kam. Und mit nahe meine ich an dieser Stelle 'unter 2m Abstand'.

Zunächst begegneten wir nur vereinzelten Krakeelern, Grüppchen von 5 bis 20 Leuten, die ihre Parolen brüllten und schnell passiert waren.
Irgendwer skandierte seinen Hass auf homophobe.
"Was haben die eigentlich für Probleme? Nur weil ich gegen Abtreibung bin, bin ich noch lange nicht homophob." "Doch," weiß mein Schatz, "wer gegen Abtreibung ist, ist automatisch homophob. Aber sag's nicht deiner Mutter."
Logik-fail.
Ich meine, schon allein das: Würden Schwangere die ihr Kind nicht wollen so begleitet, dass sie es zur Adoption freigeben, anstatt es abzutreiben, wäre die Familiengründung doch auch für homosexuelle Paare viel einfacher. Immerhin bleiben, speziell wenn man in-vitro-Fertillisation und Leihmutterschaft kritisch sieht, außer einer Adoption kaum Alternativen.

Unter den Linden kam der Marsch das erste Mal zum Stehen, links und rechts an der Kreuzung laute Gegendemonstranten.

"Are we the baddies?" mimte mein Schatz verschmitzt. Well, I can't see any skulls here, can you?
"Wir tragen doch nur Bilder mit Kindern drauf..."
Ganz ehrlich, wenn ich Gegendemonstrant wäre, wäre es mir peinlich, gegen wen ich da anbrülle. Eine Gruppe von Menschen mit bunten Plakaten und weißen Kreuzen, eine schweigende und teilweise singende Gruppe, eine Gruppe die sich vollkommen friedlich durch die Stadt bewegt, normal gekleidet; niemand vermummt, kein einziger Springerstiefel weit und breit, dafür junge Leute, Behinderte, viele Familien mit Kindern und Geistliche... Ich würde mich spätestens nach 10 Minuten nach Hause schleichen und hoffen, dass mich niemand gesehen hat, wie ich da die personifizierte Harmlosigkeit anbrülle.

Es ging weiter, jemand stimmte ein Lied an, wir kamen wieder zum Stehen, erfuhren, dass es Sitzblockaden gibt, die den Marsch aufhalten.
"Wir sind ein Castortransport", feixte ich.
Ich wusste ja schon immer, dass ich eine ganz besondere Ausstrahlung habe.

Am Straßenrand war eine mit Trommeln ausgestattete Gruppe von Gegendemonstranten. Die Rhythmen gingen mir durchaus in die Beine - wenn ich könnte würde ich zu sowas immer tanzen.

Die Sprüche zeigten sich weniger eingängig:

Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat.
Nun ja. Schon klar, dass die all das blöd finden. Nur irgendwie... Man muss nicht gläubig sein, um das menschliche Leben zu respektieren. Und auch mit Patriarchat hat das nichts zu tun. Der Schutz ungeborenen Lebens kann in einer patriarchalen Gesellschaft genau so schief gehen oder eben funktionieren wie in einer matriarchalen oder gleichbereichtigten. Glaubt es oder nicht; durch welche Strukturen gewährleistet wird, dass Frauen in Konfliktschwangerschaften so betreut werden, dass sie das Kind - bei Bedarf anonym und geschützt - zur Welt bringen können, ist mir egal.

Eure Kinder werden so wie wir, eure Kinder werden alle queer.
Warum auch nicht? In diesem Fall könnten sie bestimmt davon profitieren, dass ihre Großmutter in einer lesbischen Beziehung lebt. Sicherlich werden sie so oder so ihre Kämpfe mit dem modernen 'jeder darf alles immer und sofort'- Ethos haben, der den Umgang mit der menschlichen Sexualität zur Zeit bestimmt.

Gegen Macker und Rassisten, fight the power, fight the system!
Bin ich voll dafür. Ich bin eindeutig gegen jede Form von Rassismus. Und gegen Macker sowieso. Aber was wollen die dann von uns? Also hier im Marsch sind keine Vertreter der aufgezählten Personengruppen... Habt ihr euch in der Adresse geirrt?

Christen, lasst das beten sein, zieht euch Emma Goldmann rein.
Wieso? Man kann doch das eine tun und das andere nicht lassen. Wie wäre es z.B. mit folgendem Zitat:
"The ultimate end of all revolutionary social change is to establish the sanctity of human life, the dignity of man, the right of every human being to dignity and well-being." Dem stimme ich zu. Wieso seit ihr der Meinung, dass diese Aussage nicht für ungeborene Kinder gilt?
Emma Goldmann übrigens nennt die Fähigkeit, einem Kind das Leben zu schenken, das großartigste Privileg der Frau. Ebendiesen Essay, "Das Tragische an der Emanzipation der Frau", schließt sie mit einem Aufruf der ebenfalls meine volle Zustimmung findet:
"Soll die teilweise Emanzipation tatsächlich zu vollständiger und reiner Emanzipation werden, so muß aufgeräumt werden mit der lächerlichen Vorstellung, geliebt zu werden, Geliebte und Mutter zu sein, sei gleichbedeutend mit Sklave und Untertan zu sein. Es muß aufgeräumt werden mit der absurden Vorstellung des Dualismus der Geschlechter oder daß Mann und Frau Vertreter zweier feindlicher Lager seien.
Kleinlichkeit spaltet, Großzügigkeit verbindet. Laßt uns groß und großzügig sein. Laßt uns über all das Triviale das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren. In der echten Beziehung zwischen Mann und Frau wird es keinen Sieger und keinen Besiegten geben sondern nur eines: immer wieder zu geben, um dadurch bereichert zu werden, tiefer empfinden zu können und gütiger zu werden. Dies allein kann die Leere ausfüllen, kann das Tragische an der Emanzipation der Frau ersetzen durch Glück, grenzenloses Glück."
Leute, lasst das Brüllen sein, zieht euch Emma Goldmann rein!

Schließlich geht es weiter.
Auf Höhe des Bebelplatzes treffen wir die größte Masse der Gegendemonstranten. Hasserfüllt schleudert man uns die bekannten Parolen entgegen.
Wir sind am Ende des Zuges und in einer Randposition, die ein Untertauchen in der Menge unserer Mitstreiter unmöglich macht; zumal man sich im Rollstuhl eben auch nicht mal schnell in ein Gruppe reinschieben kann. Ich finde das, so vom Sitzen aus betrachtet, durchaus beängstigend.
Vor mir werden Bannerträger angegeifert: "Euer Plakat kotzt mich sowas von an! Ihr seid zum Kotzen!" Darauf steht: "Willkommenskultur auch für Babys!"
Immer wieder hört man "Haut ab!" (Wir wären schon längst weg, wenn da nicht gewisse Sitzblockaden gewesen wären.) Und "Kein Vergeben und Vergessen, Christen haben Namen und Adressen!"

Das Gesicht einer Frau ist so verzerrt von Hass, dass es sie wirklich zur unkenntlichen Fratze verstellt.
Um Himmels Willen, seht ihr denn nicht gegen wen ihr da anbrüllt? Denke ich nur halb bewusst aber sehr erschrocken.
Nein, sie wollen es nicht sehen.
Denn sonst müssten sie sich ja schämen und das ist nicht gut für's Ego.
Außerdem will so ein Feindbild gepflegt werden. Gerade, wenn man Christen auf dem Schirm hat, sind eben größere Anstrengungen nötig, um nicht mitzubekommen, dass das größtenteils ganz passable Leute sind, und gar keine baddies.

Mittwoch, 16. September 2015

Die Lizenz zum Löten...

... erwirbt man nach einer metall- oder elektrotechnischen Ausbildung.

Aber Moment mal! Was genau soll diese Information auf einem katholischen Blog?

Das ham wa gleich:
Klar.
Das war ja unvermeidlich.
Genauer gesagt: der Unvermeidliche.
Ich kenne Peter Janssens als Verfasser und Vertoner christlicher Lieder, die sich durch theologische Fragwürdigkeit auszeichnen. Über sein gesamtes Schaffen habe ich keinen Überblick. Und, um ehrlich zu sein: das, was ich weiß, kann mein Interesse für den Mann nicht wecken. Theologische oder sachliche Fehler, die mir in seinen Liedern aufstoßen, kommentiere ich dennoch gern.
Ist das unberechtigt? Ich weiß nicht. Doch bei manchen Sachen finde ich einfach, dass man das nicht so stehen lassen kann.
Man beachte, dass ich seit Lägerem begeisterte Zeugin bei der Entstehung einer blogohistorischen NGL-Evaluation bin. Dieses Lied passt natürlich in den Kessel Rotes. Es wollte aber nicht gekocht werden, deswegen hat es mein Ohr erst in Begleitung derer die mit der Gurke tanzt verwurmt.

Zunächst mal muss man sagen, dass Wieglaf Droste in der Vorrede eine congeniale Zusammefassung meiner Wahrnehmung des Schaffens von Peter Janssens' bietet. Abgesehen davon hat man noch Zeit, auszuschalten, bevor der Ohrwurm andockt.
Der geht nich wech ich sachs euch.

Je länger der in meinem Ohr rumspukte, desto dämlicher fand ich den Text.

Ich meine, was entblödet sich der kleine Bourgeois da (ja das ist polemisch: das soll so!), die Löterin in ach so vertrautem Ton anzusingen? Ihre Arbeit sei Blödsinn? Und zwar täglich derselbe?
Aber dann trällernd rumphilosophieren: "Was hast du alles schon gelötet?" Und vom "Mehrwert deiner Arbeit" zu faseln. Der Mehrwert derselben Arbeit, die gerade eben noch mit "täglich derselbe Blödsinn" spezifiziert wurde.
Also an dem Punkt würde ich als Löterin schon mal einen Kurzschluss ins Mikrofon einbauen. Dann hat sich's mit dem Jejaule.

Ich kann's auch sachlich sagen: Bei dem Text drängt sich mir die Vermutung auf, der gute Mann singe hier von Dingen die er weder kennt noch versteht. Außerdem verärgert mich die 'das Gehalt ist zu niedrig'-Dramatik doppelt: Erstens handelt es sich um eine Unterstellung die sich leicht entlarven lässt. Zweitens nehme ich dem Peter nicht ab, dass er sich hier auf die Seite der mittellosen Malocher stellt, da er meiner Meinung nach weder das eine noch das andere war.
Zugegebenermaßen tappe ich dabei in die Falle einer Argumentation, wie sie die Eltern der Hippiegeneration wahrscheinlich verwendet hätten: "Hätten wir mit dem von euch verachteten spießigen Leben nicht das Geld erarbeitet, mit dem ihr jetzt studieren könnt, könntet ihr auch nicht singend durch die Lande ziehen."

Doch wir wollen dem armen Peterle nicht zuviel des Unrechts tun. Schließlich geht es hier um den intellektuellen  Protest gegen niedrige Löhne und miese Arbeitsbedingungen.
Wobei. 2.000 Euronen brutto passen in eine "ganz erbärmlich schmale[n] Lohntüte"?
(Ich hab das nachgesehen: Je nach Webportal wechseln die Angaben über einen durchschnittlichen Monatslohn von ca. 1200 bis 3000€.)
Ich geb's auf.
Ich werd mit dem Peter nicht grün. Nicht mal so weit, dass ich ihn versteh.
Ich weiß ja. Kiffen ist schön. Aber n bissl mehr Klarsicht hätte dem Liedermacher irgendwie gut getan.
Übrigens denke ich genau das meist bei der Begegnung mit Ultraliberalen Christen, die im 'Jesus hat nie eine Kirche gewollt'-Modus durch die Welt latschen.

...


Du kleine Löterin, Halle sechs, Platz sieben,
sag hast du mal zwei Euro für mich?
Von meinem Studium sind Schulden mir geblieben;
du bekamst Ausbildungsvergütung und ich nich!
Und du sagst mir: "Du redst Blödsinn!"
Ja, ich weiß nichts, gar nichts, von Lötzinn!

Samstag, 5. September 2015

Kirchenbau - keine Sache des eigenen Gutdünkens

Zu meinem Geburtstag erfreute mich ein Geschenk ganz besonders:
Ein Malen nach Zahlen Block für Erwachsene mit 1000 Punkten je Bild!

Wie geil ist das denn! Rief ich spontan - bis dahin hatte ich nicht gewusst, dass es sowas gibt.
Ich kann es mir also auch nicht gewünscht haben; wohl ein Fall von göttlicher Inspiration beim Geber?!
Oder einfach eine Person, die SO aufmerksam war, sich zu merken, dass ich auf sowas stehe. Immerhin kann ich es ja durchaus mal zufällig erwähnt haben. Von der Gabe, mich an alles erinnern zu können was ich jemals sagte bin ich Gott sei Dank verschont.

Ein Bild, das mir einen Gedankengang bebilderte ist dieses:


Man sehe und staune.
Kirchenbau leicht gemacht und noch dazu ganz selbst und nach eigenem Gutdünken?

Wenn man es genau bedenkt - eben nicht!
Ein sinnvolles Bild entsteht nur, wenn man sich an die vorgegebenen Punkte hält. Und diese auch noch in der richtigen Reihenfolge verbindet.
Arbeiten mehrere an einem Bild ist es außerdem sinnvoll, wenn alle dieselbe Farbe benutzen. Oder wollen Sie wissen, wie das aussehen würde, wenn die Farbe der Striche alle 100 Punkte (ein Mal je Bildübergang) wechselte?

Bei der denkenden Betrachtung dessen, was man selbst so unter Kirche versteht, scheinen immer mehr Leute dies zu vergessen. Das Resultat ist, dass sie zwar ein Bild produzieren, aber eigentlich am Ende selbst nicht mehr wissen, was es darstellen soll oder was darauf der wesentliche Aspekt ist.
Oder haben Sie sofort bei Beginn des Films erfasst, was auf dem Bild drauf ist?

Halten Sie es für einfach, ein Punktebild zu erstellen, also 1000 Punkte so auf ein Blatt zu sortieren, dass sie zum Beispiel die Sagrada Familia ergeben, wenn man sie in der richtigen Reihenfolge verbindet? Ja? Welche Reihenfolge wäre denn die, bei der gewährleistet ist, dass die kreuzenden Linien sich zu einem Bild ergänzen anstatt das, was sie darstellen sollen, zu zerstören? Welche Punkte sind unerlässlich dazu, welche zu viel? Wie kann man dem Punktezeichner helfen, bei all dem den Überblick zu behalten?

Obwohl die Komplexität der Sache leicht nachvollziehbar ist, meinen immer mehr Menschen, sie könnten all diese Fragen selbst beantworten.
Wenn man vielleicht noch anerkennt, dass die Eckpunkte dessen was Kirche ist von Jesus Christus festgelegt wurden, dann neigt man doch häufig dazu, zu glauben, man könne all dies selbst auseinandersortieren. Also: weil ich denke, dass dieses und jenes was die Kirche vorschreibt nicht biblisch, christlich oder was-weiß-ich genug sei, kann ich den Punkt ja streichen oder zumindest in den Hintergrund stellen.
Ach ja?
Glauben Sie, sie würden das Punktebild fertigstellen können, wenn die Punkte nicht durchnummeriert wären?

Für mich bedeutet das, auf die Lehre meiner Kirche zu vertrauen und auch bei Sachen, die ich nicht verstehe, davon auszugehen, dass das schon seine Ordnung haben wird und eher nach Erklärungen zu suchen und mich um Verständnis zu bemühen, als an allem herumzukritisieren.
Zum Beispiel in Enzykliken oder den Texten von Kirchenvätern nachzulesen, um mehr darüber zu erfahren, was Kirche ist, warum Kirche so oder so strukturiert ist, diese oder jene Abläufe und Regeln festlegt. Und bei Dingen, die ich nicht nachvollziehen kann, mal einen Priester zu fragen.
Es kann auch bedeuten, mein eigenes Verstehen einer Probe zu unterziehen:
Wie viele Heilige sind ebenfalls dieser Meinung?

Die Kirche ist der lebendige Leib Christi.
Sie besteht aus uns, und in diesem Sinne gestalten wir sie.
Das was wir gestalten sollen ist der Leib Christi und nicht etwa irgendwas, das uns irgendwie passend erscheint.
Wir können nicht einfach beliebig loslegen, sondern müssen uns an bestimmte Eckpunkte halten und unser Vorgehen an der Gesamtheit der Kirche - und dazu gehören eben nicht nur all unsere Mitbürger, sondern auch die Heiligen, Kirchenväter, Priester, Bischöfe und der Papst - ausrichten.