Im Februar dieses Jahres wurde die 70. Wunderheilung von Lourdes offiziell anerkannt. Das ausgeklügelte Verfahren, mit dem die Heilungen untersucht werden, welche Pilger dem medizinischen Büro in Lourdes vorlegen, siebt aus den vielen Erlebnissen von Heilung und Besserung des persönlichen Zustandes diejenigen aus, bei denen eine nachweislich spontane, nicht erklärbare Heilung geschah. Die Untersuchung erfolgt anhand überprüfbarer Kriterien durch ein internationales Komitee unabhängiger Mediziner. Wenn diese eine Heilung als nicht erklärbar einstufen, ist es die Aufgabe der Diozese von Lourdes, darüber zu entscheiden, ob dies als Wunder anerkannt wird.
Es gibt Wunder.
Die Tatsache, dass diese nicht erklärbar sind, ja dass es sie nach wissenschaftlichen Erkenntnissen überhaupt nicht geben dürfte, zeichnet sie als Wunder aus.
Manche dieser Wunder - wie z.B. die Heilungen von Lourdes - sind sehr gut belegt.
Im heutigen Sonntagsevangelium (1.07.18, 13. Sonntag im Jahreskreis) werden gleich zwei Wunderheilungen geschildert: die Heilung der blutflüssigen Frau und die Auferweckung der Tochter des Synagogenvorstehers Jairus.
Es ist eine seltsame Gewohnheit moderner Theologie, die Schilderung der Krankheit und der Heilung zu einem bloßen Symbol zu erklären. Frei nach dem Motto "weil nicht sein kann was nicht sein darf" wird die blutflüssige Frau dann schnell mal ein frühes Beispiel für das Münchhausen-Syndrom oder die Tochter des Jairus wird zum vernachlässigten Kind überarbeiteter Eltern, deren Prioritäten Jesus im Rahmen der Wunderheilung wieder geraderückt.
Ich persönlich habe für diese Art des Wegerklärens immer weniger Verständnis, ja es macht mich inzwischen regelrecht wütend.
Natürlich ist es legitim, sich zu fragen, was die einzelne Wundererzählung dem Bibel lesenden Christen heute über sein eigenes Glaubensleben zu sagen hat. Doch nichts spricht dagegen, das geschilderte Heilungswunder als solches stehen zu lassen und anzuerkennen.
Ich möchte im Folgenden begründen, warum das "Wegerklären" von Wundern aus meiner Sicht nicht nur nutzlos und überflüssig ist, sondern auch schadet.
1. Dass es Wunder gibt, ist mit Hilfe von aktuellen Fällen wie z.B. den Wunderheilungen von Lourdes leicht nachzuvollziehen. Man kann diese als Beispiel nutzen, um leicht anhand nachvollziehbarer Kriterien zu erläutern, warum es manchmal Sinn macht, etwas als Wunder anzuerkennen und inwieweit diese Anerkennung auch aus wissenschaftlicher Sicht plausibel erscheinen kann.
Man darf auch gerne darüber aufklären, dass ein Wunder genauso einwandfrei belegbar sein kann wie jede andere historisch faktische Begebenheit. Ein Wunder zeichnet sich nämlich nicht primär dadurch aus, dass es unklar wäre, ob es wirklich passiert ist, sondern dadurch, dass das, was passiert ist nicht erklärbar ist.
2. Wenn wir also erkennen, dass es auch heute Geschehnisse gibt, die von unabhängigen Wissenschaftlern und Medizinern als unerklärlich eingestuft werden, dann gibt es absolut keinen Grund, nicht auch anzuerkennen, dass solche Wunder auch in biblischen Zeiten geschehen sein können.
3. Für Gläubige Menschen ist die Authentizität biblischer Wunderberichte umso plausibler, als dass noch heute durch Gebet und/oder Fürsprache Mariens und der Heiligen Wunder geschehen; wie viel mehr ist es da wahrscheinlich, dass Menschen in der leibhaftigen Begegnung mit Jesus in seiner gottmenschlichen Natur auf Erden geheilt wurden!
4. Für Nichtgläubige ist es schlichtweg egal, ob wir an die Authentizität biblischer Berichte glauben - und zwar ganz unabhängig davon, ob es sich dabei um Wunderheilungen oder andere Berichte aus dem Leben und Wirken Jesu handelt. Wer nicht glaubt, dass es Gott gibt und/oder dass dieser Gott Jesus ist, der uns am Kreuz erlöst hat, dessen Unglaube wird nicht dadurch infrage gestellt, dass wir sagen, die Wundererzählungen seien nur symbolisch gemeint.
Man kann die Menschen, die nicht an Christus glauben, grob in folgende Gruppen einteilen: a) Agnostiker, denen es vereinfacht gesagt egal ist, ob es Gott gibt, b) Atheisten, die Gott ablehnen und c) Angehörige anderer Religionen oder Kulte. Keiner von diesen wird sagen: "Ja also das Jesus als wahrer Mensch und wahrer Gott auf die Welt gekommen, gestorben und auferstanden ist und uns erlöst hat; das würde ich ja schon glauben, wenn da nicht diese Berichte von Wundern wären, die Jesus gewirkt haben soll. Also göttliche und menschliche Natur, Auferstehung und Erlösung - ja klar; aber dass er Krankheiten geheilt haben soll - nee, also da wird es mir echt zu viel."
5. Selbst wenn man Menschen durch das Negieren alles Übernatürlichen dazu bringen könnte, anzuerkennen, dass es diesen Jesus wirklich gegeben hat - das ist dann irgendwie auch egal. Wenn an Jesus nämlich nichts Übernatürliches ist, dann ist er auch nicht Gott und dann muss ich auch nicht an ihn glauben; jedenfalls nicht mehr als an Che Guevara oder an Mahatma Gandhi. Oder an mich selbst.
Was bleibt?
Auf die Frage, wieso man so etwas macht - also warum man als Theologe eine Erklärung überlegt, die auf abenteuerlichen Wegen Möglichkeiten findet, hinter der Wundererzählung auf jeden Fall etwas anderes zu sehen und auf keinen Fall etwas Übernatürliches - bleibt eigentlich nur eine Antwort:
Offenbar mangelt es vielen am nötigen Mut, sich den eigenen Unglauben einzugestehen und sich von Christus hinausführen zu lassen in das, was alles menschliche Denken übersteigt.
Offenbar nimmt sich so mancher lieber eine Idee davon her, wie Jesus ein toller Mensch und ein gutes Vorbild gewesen sei, als sich mit dem wahren Gott und Herrn Jesus Christus herumzuplagen.
Nun ja: in Wirklichkeit haben wir alle diese Tendenz. Ich denke aber, gerade die Theologie sollte uns helfen, dem nicht nachzugeben und stattdessen Gott die Ehre zu geben.
Bei mir bleibt auch die Frage: Wieso predigt man denn so etwas? Für wen? Woher kommt die Einbildung, dass ausgerechnet in der Kirche allsonntäglich Menschen versammelt sind, die vor der Zumutung des Unerklärlichen die Nase rümpfen? Wieso nimmt man an, dass die biblischen Berichte über Wunderheilungen Jesu durch Umdeutungen und Verharmlosungen entschärft werden müssen, während andere Medien, die von unerklärlichen Dingen berichten (wie z.B. die Serie X-Faktor), absolut erfolgreich sind?
Nun ja, mag da so mancher sagen: vielleicht gäbe es bessere Predigten als solche, die die von Christus geheilten Krankheiten kurzerhand zur Einbildung der Geheilten oder zum Indikator für zu geringe Beachtung der Kinder erklären. Dennoch schadet es ja wohl nicht.
Aber mal ehrlich: was würden wir wohl sagen, wenn ein Priester einer schwer kranken Frau bescheinigt, sie würde sich das nur einbilden? Oder wenn jemand zu den Eltern eines im Sterben liegenden Mädchens sagte, ihr Kind sei ja nur krank geworden, weil diese zu viel arbeiten würden, statt mal ihre Zeit dem Familienleben zu widmen? Klingt zynisch? Ist es auch. Und genau deshalb regt es mich auf, wenn eine Predigt so damit beschäftigt ist, auf keinen Fall ein Wunder zuzugeben. Es ist zynisch und ungerecht. Es nimmt weder die biblischen Gestalten ernst noch die Zuhörer noch Gott.
Was hätte wohl die dieses Jahr als Wunderheilung anerkannte Ordensschwester gesagt, wenn man ihr übergeholfen hätte, ihre Krankheit sei nur eine Einbildung gewesen und habe im Wesentlichen auf Geltungssucht beruht?
All deine Wellen und Wogen schlugen über mir zusammen (PS 42), doch mit Gott gehe ich durch alle Stürme. --- Bei mir findet sich: ALLTÄGLICHES - persönliche Erfahrungen, SONNTÄGLLICHES - Theologisches und Betrachtungen zu Bibelstellen, LYRISCHES - selbstgeschriebene Gedichte von Psalmen inspiriert, GESELLSCHAFTSPOLITISCHES - meine Sicht auf die Diskurse der Zeit und die zeitgenössische Art des Diskutierens
Sonntag, 1. Juli 2018
Freitag, 26. Januar 2018
SoulKitchen #4: Unterwegs im Auftrag des Herrn
So, Freunde: Leicht
erschöpft melden wir uns aus einer ereignisreichen Woche, in der
praktisch jeden Tag „irgendwas mit Kirche“ anstand. Was im
Prinzip natürlich gut ist: Die „tote Christenheit... aus
dem Schlaf der Sicherheit“ zu wecken, wie es in dem alten Gotteslob-Schlager „Sonne der Gerechtigkeit“ so
schön heißt, ist schließlich eine Aufgabe, bei der es keinen Tag
zu verlieren gilt. Anstrengend wird’s aber, wenn man ein Baby hat,
das zwar tagsüber meist lieb, brav und gut gelaunt ist, dafür aber
abends regelmäßig Krawall macht. (Ich vermute mal, das sind diese
vieldiskutierten Drei-Monats-Koliken. Die müssten dann
eigentlich bald mal vorbei sein...)
Viel geschlafen haben wir
also nicht. Aber gut gegessen! Hier der Speiseplan:
Donnerstag:
Fischfilets mit Spinat und Reis
Momentchen: Hätte es das
nicht schon letzten Mittwoch geben sollen? – Eigentlich ja.
Aber dann war Suse am späten Nachmittag aufgefallen, dass sie den
Spinat schon am Vormittag aus dem Gefrierfach hätte nehmen sollen.
Sicherlich wäre es auch so noch möglich gewesen, den tiefgefrorenen
Spinatklotz auf dem Feuer zu schmelzen, aber Suse disponierte
kurzentschlossen um, und es gab Bandnudeln in Pesto-Sahnesoße mit
Mais und schwarzen Oliven.
Am Donnerstag jedenfalls
hatten wir nachmittags Besuch vom Pfarrer. Nachdem wir just an dem
Wochenende, an dem in unserer Pfarrei die Sternsinger unterwegs
gewesen waren, anlässlich der MEHR-Konferenz in Augsburg waren,
hatten wir uns gedacht, einen Segen für die Wohnung können wir doch
hoffentlich trotzdem bekommen, einschließlich der
einschlägigen Kreidezeichen an der Tür – die sind ja schließlich
auch eine Art Zeugnis den Nachbarn gegenüber. Der Pfarrer kam
diesem Ansinnen gern entgegen, und auch vom konkreten Anlass
abgesehen war es wohl mal ganz gut, sich in privater Atmosphäre mit
ihm zu unterhalten. Wir sind ja noch relativ neu in der Gemeinde.
Zum Essen blieb der
Pfarrer allerdings nicht.
Freitag:
Falafel-Halloumi-Taschen
Tagsüber gab es keine
besonderen Vorkommnisse, am Abend war, wie schon vorigen Freitag,
Kreis junger Erwachsener in einer von unserem Zuhause aus
leider ziemlich entfernten Pfarrei (wofür die Pfarrei nichts kann,
es liegt eher daran, dass wir so weit draußen wohnen). Wir
zögerten diesmal lange mit der Entscheidung, ob wir da hinfahren
wollten oder lieber in unserem eigenen Kiez zur Anbetung und zur
Abendmesse. Oder einfach zu Hause bleiben. Schließlich entschieden
wir uns doch, den weiten Weg auf uns zu nehmen; aber da wir uns
einerseits nicht wieder den ganzen Abend nur von Knabberzeugs
ernähren wollten, uns andererseits aber auch nicht sicher waren, als
wie realistisch sich die Variante „vom KJE-Treffen aus
einfach eine Pizza bestellen“ erweisen würde, besorgte ich uns vor
unserem Aufbruch schnell noch Falafel-Halloumi-Taschen vom Libanesen
an der Ecke.
Da eine gewisse kleine
Person eine Weile brauchte, um sich dazu überreden zu lassen, sich
ins Tragetuch wickeln zu lassen, verzögerte sich unser Aufbruch dann
noch etwas, mit dem Ergebnis, dass wir an unserem Zielort die
Anbetung versäumten und erst kurz vor dem Ende der Predigt in der
Kirche ankamen. Aber immerhin, den wichtigsten Teil der Messe bekamen
wir noch mit. – Beim KJE lautete das Thema diesmal
„Ordensleben heute“, und als Gastreferenten waren ein
Dominikanerpater aus dem Kloster in Moabit und eine Schwester der
„Kongregation der Helferinnen“ dabei, die in einer
Wohngemeinschaft in Lichtenberg lebt. Beide fielen übrigens durchaus
in das Alterssegment der „jungen Erwachsenen“; ich erwähne
das deshalb, weil ja viele zu denken scheinen, Ordensleben sei
heutzutage nur noch etwas für alte Leute, während die jungen
in Neuen Geistlichen Gemeinschaften sind. Präziser gesagt:
Das ist es, was optimistische Katholiken denken. Alle anderen
glauben, junge Leute wären überhaupt nicht religiös.
Samstag: Pelmeni
Am Nachmittag fand in
einem freikirchlichen Café im Wedding eine Veranstaltung unter dem
Titel „Sternstunde“ statt; bei dieser (monatlichen)
Veranstaltungsreihe waren wir im vorigen Jahr schon zwei- oderdreimal gewesen, nun aber schon eine ganze Weile nicht mehr, also
fanden wir, es sei mal wieder an der Zeit. Bei unseren früheren
Besuchen der „Sternstunde“ hatten wir eine nette Familie
aus Heiligensee (mit vier Kindern, das jüngste noch nicht ganz zwei
Jahre alt) kennengelernt und freuten uns, diese jetzt wiederzusehen;
insbesondere die älteste Tochter unterhielt sich sehr angeregt mit
Suse. Allerdings sollte man für die Zukunft vielleicht mal darüber
nachdenken, sich mit dieser Familie in einem anderen Rahmen zu
treffen als bei der „Sternstunde“, denn die Veranstaltung
an sich war eher weniger erfreulich. Normalerweise ist es ein fester
Bestandteil des Veranstaltungskonzepts, dass jemand ein „Zeugnis“
gibt; das war diesmal jedoch nicht der Fall, stattdessen
kündigte der Gastgeber an, er wolle einige Gedanken über den
Unterschied (wo nicht gar Gegensatz) zwischen Glaube
und Religion zur Diskussion stellen.
Ich konnte mir schon
vorstellen, was das werden sollte. In Teilen des evangelikalen
Spektrums ist „Religion“ ein ausgesprochen negativ
besetzter Begriff, der einerseits mit „Gesetzlichkeit“ und
andererseits mit einer ritualisierten Frömmigkeitspraxis assoziiert
wird; „wahres Christsein“, so lautet mehr oder weniger explizit
die Argumentation, sei gerade keine „Religion“, sondern
eine authentische, persönliche Beziehung zu Jesus Christus.
Durchaus folgerichtig geht diese Sichtweise häufig einher mit der
Ablehnung liturgischer Gottesdienstformen, da diese eben „religiös“
(und somit angeblich unauthentisch) seien. Dass ihre eigenen,
vermeintlich so „authentischen“ und individuellen
Frömmigkeitsformen zwar ästhetisch wesentlich anspruchsloser, aber
in Wirklichkeit nicht weniger stark formalisiert sind, kommt dieser
Sorte Evangelikaler selten, wenn je, in den Sinn.
Was an diesem Vortrag
(der übrigens, wie der Vortragende mehrfach betonte, „kein
Vortrag“ sein sollte – aber was dann?) wirklich
nervte, war allerdings der Umstand, dass er verworren und redundant
zugleich war. Irgendwie versuchte der Gastgeber, den Unterschied
zwischen „Glaube“ und „Religion“ zu den Lehren des Apostels
Paulus über Gesetz und Gnade in Beziehung zu setzen, kriegte es aber
nicht so richtig hin und widersprach sich durchschnittlich in jedem
dritten Satz selbst. Die anschließende Publikumsdiskussion machte
vollends deutlich, was für eine Zumutung und Überforderung es
darstellt, dass das evangelikale Christentumsverständnis es jedem
einzelnen Gläubigen abverlangt, selbständig die Bibel zu
interpretieren. Mit Blick auf die paulinische Gegenüberstellung von
Gesetz und Gnade brachen komplexe Meinungsverschiedenheiten über die
Frage aus, ob und inwieweit das Gesetz des Alten Bundes auch heute
noch Gültigkeit habe, und das Ganze gipfelte bizarrerweise in der
Frage, ob es nicht einen Verstoß gegen die Zehn Gebote darstelle,
dass Christen den Sonntag heilig halten statt den Samstag.
Offenkundig überfordert mit dieser Frage, behauptete der Gastgeber
aus dem Ärmel heraus, die Heiligung des Sonntags sei erst irgendwann
im 2. Jahrtausend von der Katholischen Kirche eingeführt worden, und
das sei ein Beispiel unter vielen dafür, wie die Katholische Kirche
„ihre eigene Religion erfunden“ habe. Einige Gäste stiegen nur
allzu gern auf diese Schiene ein und echauffierten sich über
Priestertum und Beichte: Das habe doch nichts mit Jesus zu tun.
Na, wie dem auch sei: Zu
Hause gab's Pelmeni aus dem Gefrierfach, angerichtet mit saurer
Sahne, Gewürzgürkchen und Roter Bete, sodass auch dieser Tag noch
ein erfreuliches Ende nahm.
Sonntag: Syrisches
Buffet
In unserer Pfarrkirche
stand, wie an jedem dritten Sonntag im Monat, ein
Familiengottesdienst an; aber es gab kein Entrinnen, da ich
schon vor Wochen – ohne einen Gedanken an das Datum zu verschwenden
– eingewilligt hatte, den Lektorendienst zu übernehmen. Nun ja,
wenigstens wurde die 1. Lesung (Jona 3,1-5.10) nicht – wie in den
Lektorenhilfen des Katholischen Bibelwerks allen Ernstes angeregt
wird – szenisch aufgeführt. Dafür aber das Evangelium.
Merke: Ein Familiengottesdienst, der es nicht schafft, die Frage "Was soll das?" zu provozieren, kann einpacken. (frei nach Heiner Müller) |
Anschließend fuhren wir
mit dem Bus zur Nachbarpfarrei, wo der Flüchtlingsausschuss des
Pfarrgemeinderats einen „Kennenlerntag“ mit
Flüchtlingsfamilien aus Syrien veranstaltete. Mit gemeinsamem Kochen
und Essen. Als wir an der Zielhaltestelle aus dem Bus ausstiegen,
sahen wir, wie sich vor der Kirche eine Gruppe von Mädchen im
Teenageralter versammelte. Mir kam zwar kurz der Gedanke „Na, ob
die auch da hinwollen, wo wir hinwollen?“, aber
bezeichnenderweise glaubte ich das nicht ernsthaft. War aber
doch so: Sie gehörten zum laufenden Firmkurs des
Pfarreiverbands. Die teilnehmenden syrischen Familien waren sehr nett
und hatten viele Kinder, darunter eins, das nur knapp drei Wochen
älter war als unseres; und das Essen war sehr gut und sehr
reichlich.
Und nach dem Essen...
ergriff eine Dame vom Humanistischen Verband das Wort,
verteilte Flyer für ein von ihrer Organisation verantwortetes
Kiezprojekt in Tegel-Süd, gab eine Telefon- und Mailadressenliste
herum und, nun ja, „warb“ sehr engagiert darum, dass man sich da
auch wirklich eintrug. Ich dachte, ich seh' und hör' nicht richtig.
Was macht eine Vertreterin des Humanistischen Verbands bei einer
kirchlichen Veranstaltung? Noch konsternierter war ich angesichts der
Tatsache, dass die anwesenden Vertreter des Pfarrgemeinderats
offenbar gar nicht auf die Idee kamen, daran könne irgendwas
verkehrt sein. Man kann sich so etwas kaum ausdenken: Da stellt die
Pfarrei ein (im Ganzen sehr gelungenes!) Erstkontakt-Angebot zum
gegenseitigen Kennenlernen von Gemeindemitgliedern und Flüchtlingen
auf die Beine, klopft sich auf die Schulter und überlässt alles
Weitere – sprich: die potentiellen Früchte dieses
Erstkontakts – dem Humanistischen Verband. Was kommt als
nächstes? Sommerfest mit Satanisten? Suse und ich hatten eigentlich
den Gedanken im Hinterkopf gehabt, bei Gelegenheit dieser
Veranstaltung mal ein bisschen mit den Leuten aus dem
Flüchtlingsausschuss des Pfarrgemeinderats darüber ins Gespräch zu
kommen, was genau sie eigentlich für die Flüchtlinge tun, und dabei
auch auf Initiativen wie Elijah21 zu sprechen zu kommen.
Diesbezüglich ließ uns der Auftritt der Dame vom Humanistischen
Verband nun allerdings ziemlich die Luft raus.
(Ich will eigentlich gar
nicht auf den Veranstaltern herumhacken. Das sind nette Leute.
Vielleicht wussten sie nicht so genau, was der Humanistische Verband
ist und tut – wobei das auch schon irgendwie peinlich wäre. Ich
vermute eher, es steckt eine Auffassung dahinter, die die Kirche in
erster Linie als eine zivilgesellschaftliche Institution unter vielen
betrachtet und die Pfarrei folglich als einen lokalen Träger
bürgerschaftlichen Engagements; wenn man das so sieht, ist es
natürlich nicht ohne Weiteres einsichtig, wieso man nicht mit
dem Humanistischen Verband zusammenarbeiten sollte. Ob der das
umgekehrt auch so sieht oder sich über „unsere“ Blödheit ins
Fäustchen lacht, sei mal dahingestellt.)
Am Abend hielt sich unser
Hunger in Grenzen; ich machte mir lediglich ein Sandwich, bestehend
aus (ungetoastetem) Dinkeltoast vom Foodsharing mit gesalzener
Butter, Kräuterfrischkäse, Schweinebraten und Cheddar. Für Suse
machte ich im wesentlichen dasselbe, allerdings wollte sie kein
Sandwich, sondern lieber zwei einzelne Stullen. Das wurden also eine
mit gesalzener Butter und Cheddar und eine mit Kräuterfrischkäse
und Schweinebraten.
Montag: Tagliatelle
Bolognese
Am Morgen Frühmesse,
anschließend Rosenkranzgebet, dann ins Pfarrbüro, um
Organisatorisches wegen der anstehenden Tauffeier unserer kleinen
Mädchentochter zu besprechen. Im Anschluss besorgte ich dann noch
die Einkäufe fürs Abendessen, während Frau und Kind schon mal nach
Hause gingen. Zur Belohnung gab's dann am Abend Bandnudeln mit
hausgemachter Bolognese-Soße. Mjam mjam.
Dienstag: Belegte
Baguettes vom Foodsaving
Am Mittag hatte ich ein
konspiratives Business-Lunch mit einem katholischen
Unternehmer aus Köln, der gerade aus beruflichen Gründen in Berlin
war; den Kontakt hatte Benedict Option-Autor Rod Dreher vermittelt.
Am Abend hatte Suse dann
einen erneuten Foodsaving-Einsatz in einer Bäckerei, und
diesmal fiel die Beute besonders üppig aus. Neben ungefähr sieben
ganzen Brotlaiben brachte sie große Mengen an Brötchen und
sonstigem Kleingebäck mit nach Hause, dazu vier große Plastikboxen
voller belegter Baguettes. Einige davon – belegt z.B. mit Mett,
Thunfisch oder als Großgarnelen getarntem Krebsfleischimitat –
schrien geradezu danach, möglichst bald verzehrt zu werden, und
damit war das Thema Abendessen dann auch schon abgehakt.
Weniger erfreulich war,
dass im weiteren Verlauf des Abends Suses Mobiltelefon den Geist
aufgab.
Mittwoch: Weitere
belegte Baguettes vom Foodsaving
Was
für ein Leben: Morgens, mittags und abends belegte Baguettes! Alles
andere, was Suse am Abend zuvor erbeutet hatte, brachten wir im Laufe
des Vormittags bei der Suppenküche der Franziskaner in Pankow
vorbei, anschließend kauften wir im Klosterladen des Karmels in
Charlottenburg eine Taufkerze für das Kind und wanden uns (also ich
mich zumindest) mit Grausen angesichts dessen, was dieser Laden sonst
noch so alles führt.
Der Rauch des Satans ist in den Klosterladen des Berliner Karmels eingedrungen. |
Und schließlich kümmerten wir uns noch um
Suses Handyproblem, mit dem bemerkenswerten Erfolg, das nebst eines
neuen Mobilfunktarifs auch für mich
ein neues mobiles Endgerät heraussprang. Und damit war der Tag auch
schon wieder so gut wie um!
(...und dann erwischte mich eine offenbar schon länger vor sich hin brütende Erkältung, und der Internetanschluss in der Wohnung machte Zicken. Deshalb erscheint dieser Artikel mit leichter Verspätung. Aber keine Bange, es ist schon alles wieder auf dem Weg der Besserung!)
Mittwoch, 17. Januar 2018
SoulKitchen #3: Wenn Brokkoli den Weg allen Fleisches geht
Tja, liebe Leser: Bevor
ich mit der Schilderung der kulinarischen Höhepunkte der letzten
sieben Tage beginne, muss ich erst mal noch ein Foto von letzterWoche nachliefern. Es ist ja eine gute, von Simcha Fisher übernommene
Tradition, das Essen, das es am Erscheinungstag der Kolumne
geben soll, lediglich vage anzukündigen – was u.a. auch den
Vorteil hat, dass die Kolumne schon vor dem Abendessen online
gehen kann. Nun gab es aber ausgerechnet letzten Mittwoch das
zumindest optisch opulenteste Essen der ganzen Woche:
Im Ofen gebackene
Hähnchenkeulen mit Gemüse, dazu Couscous. Man muss dazu sagen, dass
die Hähnchenkeulen eine halbe Ewigkeit brauchten, um richtig
durchzugaren. Aber bis dahin hielten wir uns am Couscous schadlos.
Donnerstag: Rostbratwürstchen mit
Couscous
Die
Impfskeptiker unter den Lesern dieses Blogs mögen kurz mal die Augen
zumachen: Wir haben's getan, wir haben unser Baby impfen lassen. Und
zwar gegen allen Scheiß. Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten,
Kinderlähmung, Rota-Viren und noch irgendwas. Der Arzt bereitete uns
darauf vor, dass die Kleine am Abend wahrscheinlich Fieber bekommen
werde; das sei normal und werde am nächsten Tag überstanden sein.
Tatsächlich hielten sich ihre Beschwerden jedoch in sehr engen
Grenzen, und das war auch gut so, denn ich musste am späten
Nachmittag bzw. frühen Abend weg, um mich in der Kirche um den Abbau
des Weihnachtsbaums zu kümmern. Ich hatte ja bereits angedeutet,
dass das innerhalb der Gemeinde ein ziemlich heikles Thema war; das
wäre wohl, wenn ich mal dazu komme, einen separaten Artikel auf
„Huhn meets Ei“ wert. Die Kurzfassung lautet jedenfalls:
Der Baum-Abbau gelang gut und ging schneller als gedacht, und als ich
wieder nach Hause kam, gab es als schnelles Abendessen Würstchen aus
der Pfanne mit Couscous vom Vortag.
Freitag: nur
Knabberkram
Mit
Einkäufen fürs Wochenende, einem Trip zur Zentral- und
Landesbibliothek zwecks Abholung diverser Fernleihbestellungen (ich
liebe Fernleihe!) und allgemeiner Babybetüdelung (es soll ja
angeblich Väter geben, die sich nicht mal für zwanzig Minuten am
Tag die Zeit nehmen, ihrem schlafenden Kind beim Atmen zuzusehen. Die
wissen gar nicht, was ihnen entgeht!) ging der Tag schnell rum, und
für den Abend standen mehrere Alternativpläne zur Wahl: Anbetung
und Abendmesse in „unserer“ Kirche (7 Minuten die Straße
runter), dann zu Hause essen; Anbetung und Abendmesse in einer
anderen Kirchengemeinde und dort dann anschließend zum „Kreis
junger Erwachsener“ (wo wir seit vorletztem Herbst recht
regelmäßig hingegangen waren, in jüngster Zeit aber, wegen des
Babys, seltener); oder erst was essen und dann zu einem recht
vielversprechenden Chorkonzert in einer evangelischen Kirche im
Wedding. Für Suse stand außerdem noch die Alternative im Raum,
einfach mit dem Baby zu Hause zu bleiben, in welchem Falle ich
mir auch noch mal überlegt hätte, ob ich Lust habe, allein
loszuziehen. Schließlich einigten wir uns aber auf den Kreis
junger Erwachsener – was, wie uns auf dem Weg dorthin bewusst
wurde, bedeutete, dass wir an diesem Tag kein warmes Abendessen
bekamen. Beim KJE gibt’s immer nur Knabberkram. „Wir
sollten mal den Vorschlag machen, in Zukunft lieber eine Pizza zu
bestellen“, merkte Suse an. (Oder, noch besser, etwas kochen?
Küche wäre vorhanden.)
Wie
dem auch sei: Der Weg durch die halbe Stadt lohnte sich. Anbetung und
Messe waren sehr schön, und der Diakon hielt eine durch ihre
fragmentarisch und improvisiert wirkende Form irritierende, aber –
vielleicht nicht zuletzt auch dadurch – sehr anregende
Predigt. Beim KJE-Treffen gab es diesmal kein vorgegebenes
Thema, sondern jeder durfte und sollte seine persönlichen
Glaubensfragen und -anliegen in die Runde werfen. Ich war diesem
Konzept gegenüber von vornherein skeptisch gewesen und hatte schon
vor dem Aufbruch zu Suse gesagt: „So kann man nicht sinnvoll
Katechese betreiben.“ Der Diskussionsverlauf bestätigte meine
Bedenken zunächst. Sehen wir den Tatsachen ins Auge, Freunde: Die
katechetische Bildung hierzulande ist ein Trauerspiel. In der
Gesprächsrunde konnte man den Eindruck gewinnen, jeder der
anwesenden jungen Erwachsenen (durchweg überdurchschnittlich
kirchennahe junge Erwachsene, sonst wären sie kaum in dieser
Gruppe) habe hier und da ein paar Bruchstücke der kirchlichen Lehre
verstanden, und diese Stücke passen allesamt nicht zusammen. (Das
soll nicht besserwisserisch klingen. Ich selbst hatte zwar eine
vergleichsweise ziemlich gute Firmkatechese, musste aber trotzdem
Jahre später nach und nach feststellen, was ich so alles nicht
gelernt hatte, und habe trotz aller Bemühungen, diese Defizite
aufzuarbeiten, zweifellos auch heute noch erhebliche Bildungslücken
in diesem Bereich.) Der Kaplan, der die Diskussion leitete, war
leider auch keine große Hilfe. Ein bezeichnendes Beispiel: Eine
junge Dame aus dem Kreis hatte eine komplexe Frage zur
Heilsnotwendigkeit der Kirche und zur Apokatastasis, und
nachdem so ziemlich jeder aus der Runde etwas dazu gesagt hatte und
sich daraus ein eher verworrenes Bild ergab, fragte ich den Kaplan:
„Haben wir einen Katechismus hier?“ Er blockte diesen
Klärungsversuch jedoch ab, weil er darin den Versuch sah, mittels
eines Autoritätsarguments die Diskussion abzuwürgen. Daraufhin
wurde ich prompt etwas unwirsch. „Sind wir nur hier, damit jeder
mal darüber reden kann, wie er sich fühlt, oder wollen wir
hier was lernen?“, blaffte ich.
Mein
Lieblingsmoment in der Debatte kam, als die Fragestellerin daraufhin
wissen wollte, ob es denn nun eine lehramtliche Aussage zu ihrer
Frage gebe oder nicht. Ich bejahte, und sie erwiderte: „Dann
sollten wir vielleicht wirklich mal in den Katechismus gucken.“
Samstag: Gebratene
Gnocchi mit Hähnchenbruststreifen und Paprika
Eigentlich
hätte es Brokkolisuppe geben sollen. Wir hatten nämlich noch
Brokkoli, der langsam mal verbraucht werden musste. Aber als der
Abend nahte, stellte Suse fest, dass sie keine Lust auf Suppe hatte.
„Wir können die Suppe ja schon mal vorbereiten und bis morgen
kaltstellen“, schlug sie vor. „Oder bis Montag, dann können wir
noch einen Becher Sahne zum Verfeinern kaufen.“ Ich war
einverstanden. Aber erst mal hatte Suse einen Einsatz als
Lebensmittelretterin – in einer nahen Bäckerei. Danach stand –
während der Brokkoli vor sich hin dünstete – kurzzeitig die
Option im Raum, Sushi zu bestellen, aber dann hatte Suse eine andere
Idee: Sie briet Gnocchi zusammen mit Hähnchenbruststreifen und
Paprika in der Pfanne an, fügte Pesto und Parmesan hinzu, und fertig
war ein leckeres Abendessen.
Um
die Gnocchi wenigstens teilweise knusprig zu bekommen, war es
notwendig, sie ein bisschen am Pfannenboden anbrennen zu lassen. Die
Pfanne sah danach schlimm aus. Aber mit einigen Tagen Abstand kann
ich zu Protokoll geben: Wir haben sie wieder sauber gekriegt!
Sonntag: Gulasch mit
Kartoffel- und Semmelknödeln
Am
Abend zuvor hatte das Baby uns (und damit auch sich selbst) ziemlich
lange wach gehalten, und so stand es an diesem Sonntagmorgen durchaus
ein bisschen auf der Kippe, ob wir es pünktlich zur Kirche schaffen
würden. Okay, für den Notfall hätte es noch eine Abendmesse
gegeben; aber schließlich trafen wir doch noch während des
Einzugslieds in der Kirche ein, und im Anschluss an die Messe fand
der monatliche, von der Kolpingsfamilie organisierte „Sonntagstreff“
statt – gemütliches Beisammensein bei Kaffee, Kuchen, belegten
Brötchen und Suppe. Ewig lange konnten wir dort allerdings nicht
verweilen, da sich ab mittags ein paar Leutchen bei uns angekündigt
hatten, die einige der am Vortag aus der Bäckerei geretteten Brote
und Brötchen abholen wollten. Und am Nachmittag kamen einmal mehr
die Omas zum Baby-Angucken vorbei – aber nur kurz. Zum Abendessen
waren wir wieder allein. Es gab Gulasch aus der Dose und dazu zwei
Sorten Fertigknödel, die nur in der Soße erhitzt werden mussten.
Im
Laufe der Zubereitung äußerte Suse Zweifel an den
Mengenverhältnissen; schließlich zeigte sich, dass Knödel und Soße
von der Menge her perfekt zusammen passten, nur das Fleisch musste
man mit der Lupe suchen. Von der Gesamtmenge her war es allerdings
deutlich mehr als genug.
Montag:
Brokkolicremesuppe
„Die
Suppe sieht deshalb so bräunlich aus, weil die Brokkolistrünke
karamellisiert sind.“
„Du
meinst angebrannt.“
„KARAMELLISIERT!“
(Schmeckte
übrigens wirklich gut.)
Dienstag: Sushi
Gegen
Mittag hatte Suse mal wieder einen Foodsaving-Einsatz im
Biomarkt, daher wurde die Entscheidung darüber, was es zum
Abendessen geben sollte, vorerst zurückgestellt: Es hätte ja sein
können, dass die im Biomarkt geretteten Lebensmittel hier ein
gewichtiges Wort mitzureden haben würden. Das war aber nicht der
Fall: Suse brachte lediglich Brot, Brötchen und etwas
Ziegenfrischkäse mit nach Hause.
So
richtig Lust zu kochen hatte Suse daraufhin nicht, und da endlich der
Elterngeld-Bescheid angekommen war und ich zudem in absehbarer Zeit
das Honorar für eine Buchübersetzung erwarte, sagten wir uns:
Gönnen wir uns mal ein bisschen Luxus und bestellen Sushi.
Ausgezeichnet.
Mittwoch: Fisch mit
Spinat und irgendeiner Sättigungsbeilage
Kartoffeln
haben wir noch da, für Reis müsste ich noch mal raus, und es
schneit draußen. Hmmm.
Mittwoch, 10. Januar 2018
SoulKitchen #2: Keine Zeit zum Kochen!
Tja, Freunde: Es ist
schon wieder Mittwoch und somit SoulKitchen-Zeit –
allerdings ist unsere Küche während des Großteils der vergangenen
sieben Tage kalt geblieben, da wir uns anlässlich der MEHR 2018
in Augsburg aufgehalten haben. In puncto Foodblog gibt es also
nicht viel zu berichten, dafür aber umso mehr (pun intended)
anderes; und wir wollen ja nicht gleich die zweite Folge der neuen
Serie ausfallen lassen, sonst kehrt hier direkt wieder der
Schlendrian ein. Ich kenn' uns doch.
Also: Wohlan!
Donnerstag:
Mitgebrachtes vom Asia-Imbiss
Aus gutem Grund waren wir
schon einen Tag vor der Eröffnung der MEHR-Konferenz
nach Augsburg gereist: Reisen mit Baby, selbst mit einem im
Allgemeinen sehr ruhigen und heiteren Baby, ist doch anstrengender,
als jemand, der das noch nie gemacht hat, es sich vielleicht
vorstellen würde, und so waren wir ganz froh, den Abend nach unserer
Ankunft und den nächsten Vormittag noch „frei“ zu haben.
Nebenbei bemerkt ist die MEHR ja auch eine Art Familientreffen
für Hardcore-Katholen, die sonst den Großteil des Jahres fast
ausschließlich via Internet miteinander kommunizieren; somit standen
wir den Tag über mit einigen unserer Freunde in regem digitalem
Nachrichtenaustausch über klassische Fragen wie „Wann kommt ihr
an, wo übernachtet ihr, wann und wo können wir uns mal treffen?“
und trafen immerhin zwei dieser Freunde schon vor
Konferenzbeginn im Hotel. Ehe wir aufbrachen, machte sich Suse auf
die Pirsch, um in Hotelnähe etwas zu Essen zu organisieren. Hier das
Ergebnis dieser Bemühungen:
Oben: Frittierte
Hähnchenteile mit Erdnusssoße; unten: Ente knusprig mit
Thai-Curry-Gemüse. Und natürlich Reis. In bester
Gilmore-Girls-Manier teilten wir uns beide Gerichte
miteinander. Und dann ging's auch schon los!
Mit der Straßenbahn
kamen wir unproblematisch in die Nähe des Messegeländes und mussten
dann noch ein Stück durch den Regen latschen. Dabei kamen wir an
einer grimmigen, offenbar fundamentalistisch-evangelikal gesonnenen
„Ein-Mann-Sekte“ vorbei: einem Typen, der mit Mikrofon und
Lautsprecher am Wegesrand stand und den Zorn Gottes auf die an ihm
vorbeiströmenden MEHR-Besucher herabrief. Na, seien wir
ehrlich: Was wäre eine religiöse Großveranstaltung ohne Gegner?
Dass wir uns auf dem
weitläufigen MEHR-Gelände (4 Hallen, insgesamt 35.000m²
Fläche) erst einmal verliefen, trug uns immerhin eine nette
persönliche Begrüßung durch Johannes Hartl ein, und dann trafen
wir uns im Gebetshaus-Café im MEHR-Forum mit einigen
der weiter oben schon erwähnten Freunde und trafen noch einige
weitere, ohne uns eigens mit ihnen verabredet zu haben.
Wir hatten keine Tickets
fürs MEHR-Auditorium, wo das Hauptprogramm stattfand, sondern
für die als familienfreundlicher angekündigte MEHR-Space,
wo es leiser und weniger voll war und man das Programm via
Video-Großleinwand verfolgen konnte. Von dort aus schauten wir uns
die Eröffnungsmoderation und den ersten Vortrag von Johannes Hartl
(„Jubeln für Anfänger“)
an; der Vortrag gefiel mir ausgesprochen gut, er drehte sich
hauptsächlich darum, dass Christen eigentlich viel freudiger
sein müssten, als sie es oft sind, und ich musste unwillkürlich an
die „Ein-Mann-Sekte“ draußen im Regen denken.
MEHR-Space mit Videoleinwand |
An
den Vortrag schloss sich ein Konzert der Lobpreis-Band „Koenige und Priester“ an, aber die
fanden wir nicht so doll und verzogen uns lieber in den
Mutter-Kind-Raum (wieso heißt der eigentlich nicht
„Eltern-Kind-Raum“?
Wo bleibt denn da die Gendergerechtigkeit?
Äh, schon gut.) Das Programm konnte man übrigens auch von dort aus
verfolgen, auf einem leise gestellten Fernseher, den dazu passenden
Ton gab's auf schnurlosen Kopfhörern. Wenn man denn
wollte. Zu „Koenige
und Priester“ nur so viel:
Erst unlängst hatte ich mit Suse eine Diskussion über evangelikale
Popmusik, und ich merkte an, nach meiner Erfahrung diene diese nicht
nur oder nicht einmal in erster Linie missionarischen
Absichten, sondern auch und vor allem dazu, die Jugendlichen aus den
eigenen Reihen von der
„bösen“ weltlichen Popmusik fernzuhalten, indem man ihnen ein
Ersatzprodukt anbietet. Musikalisches Tofu, gewissermaßen, um nicht
zu sagen musikalisches Methadon. Kickt nur leider nicht so wie das
Original. Und da ist „Koenige und Priester“
ein gutes Beispiel, denn bei den Frontleuten dieser Band handelt es
sich um mittelmäßig erfolglose ehemalige Casting-Show-Kandidaten:
Florence Joy (dieser Name allein!) nahm 2004 an der zweiten Staffel
von StarSearch teil,
die Brüder Thomas und Jonathan Enns 2007 an der vierten Staffel von
Deutschland sucht den Superstar.
Zufällig war das die einzige DSDS-Staffel,
die ich recht aufmerksam verfolgt habe, und die Enns-Brüder hatten
zwar eine recht ansehnliche Fanbasis, aber sie waren wirklich
nicht gut.
Wir
verkrümelten uns daher schon ziemlich bald nach Beginn des Konzerts
zurück ins Hotel.
Freitag: Großes
asiatisches Büffet
Der Tag begann mit einer
Heiligen Messe im „Raum der Stille“ um 8 Uhr. Wir waren
zunächst etwas unsicher gewesen, ob wir es so früh schon zum
Messegelände schaffen würden, aber wir hätten die Messfeier ungern
versäumt, schließlich war Herz-Jesu-Freitag. Passenderweise weckte
uns das Baby bereits gegen 5 Uhr, und als wir mit Windelwechsel,
Füttern etc. fertig waren, stellten wir fest, dass es eigentlich die
perfekte Zeit zum Aufbruch war. Der übellaunige
Hardcore-Evangelikale mit dem Mikrofon war übrigens erneut am Start;
diesmal beschimpfte er die MEHR-Besucher vor allem deshalb,
weil sie so abscheuliche Dinge tun wie zusammen mit Katholiken
beten. Schlimm.
Der Raum der Stille
war während der gesamten Konferenz für Eucharistische Anbetung oder
anderweitiges stilles Gebet geöffnet, und beinahe ganztägige
Beichtgelegenheiten gab es dort auch. Im letzten Jahr hatte man
diesem Zweck einen relativ kleinen Raum gewidmet, in diesem Jahr
hingegen eine Halle mit 500 Sitzplätzen. Zur Messfeier waren diese
nicht ganz voll besetzt, aber doch weitgehend.
Anschließend sahen wir
uns in der MEHR-Space –
also wiederum per Videoübertragung – den ersten Teil von Johannes
Hartls Vortrag „Das entfesselte Evangelium“
an, den zweiten Teil dann vom Mutter-Kind-Raum aus. Der Vortrag war
ausgezeichnet, ich machte mir drei Seiten handschriftliche Notizen;
was jedoch ärgerlich war, war der Umstand, dass im Mutter-Kind-Raum
(eigentlich nur ein Container innerhalb einer Messehalle) ein
unfassbarer Lärm herrschte. Und der kam nicht
von den Kleinkindern innerhalb
des Raums, sondern von außerhalb
des Raums. Da fand nämlich die Kinderbespaßung für die 3- bis
10-jährigen statt, und soweit man es nach Gehör beurteilen konnte,
bestand die hauptsächlich aus extrem lärmiger Musik mit dumpfen
Beats und daraus, die Kinder zum Brüllen zu animieren. Ich sag mal
so: Suse und ich haben erhebliche Zweifel, ob wir unsere Tochter bei
der MEHR 2021 und/oder
in späteren Jahren einem solchen Programm aussetzen möchten. Ich
könnte mich darüber noch länger auslassen, aber ich glaube, ich
lasse es lieber sein.
Zum
Mittagessen fuhren wir mit einigen unserer Freunde, auf zwei Autos
verteilt, zu einem asiatischen Restaurant, das ein üppiges Büffet
für nur 8 € pro Person anbot. Mit
Fleisch, trotz Freitag, aber hey, wir waren schließlich auf
Reisen.
Für
das Nachmittagsprogramm war die Hallenbindung aufgehoben, also gingen
wir ins Auditorium, wo der kanadische Priester James Mallon einen
Vortrag darüber hielt, wie „ganz normale“ Pfarreien
missionarisches Potential entfalten könnten. Hochinteressant, und
zudem ist Fr. Mallon ein sehr unterhaltsamer Redner. Habe mir
übrigens im Gebetshaus-Shop
sein Buch („Wenn Gott sein Haus saniert“)
gekauft; insgesamt wird zu diesem Thema sicherlich noch mehr zu sagen
sein, aber das dann eher auf „Huhn meets Ei“
und nicht hier. – Anschließend gingen wir wieder in die
MEHR-Space, wo
verschiedene katholische Neuevangelisations-Initiativen vorgestellt
wurden: Adoray aus der
Schweiz; All for One
aus Fulda (fand ich persönlich eher bäh,
aber das mag an mir liegen); Elijah21,
ein Projekt zur Missionierung v.a. muslimischer Flüchtlinge; Loretto;
Nightfever; das
Zentrum Johannes Paul II.
aus Wien; und YOUCAT.
Die Veranstaltung war leider nicht ganz so interessant, wie ich sie
mir vorgestellt hatte, und außerdem mussten Frau und Kind dringend
mal zurück ins Hotel. Auf den Schweizer Megachurch-Pastor Leo
Bigger, der den Hauptvortrag des Abends hielt, hatten wir sowieso
nicht so richtig Lust. Auf diese Weise verpassten wir die
Live-Vorstellung des „Mission Manifest“,
aber über Facebook
und Twitter bekam ich
trotzdem einiges davon mit, während das Baby Krawall machte und
nicht einschlafen wollte. Nachdem es den ganzen Tag über extrem brav
gewesen war, machte sich nun wohl doch die Reizüberflutung
bemerkbar. Schon doof, wenn man nicht mal im Mutter-Kind-Raum ein
bisschen Ruhe hat...
(Mehr
zum „Mission Manifest“
dann wohl auch irgendwann demnächst mal auf „Huhn meets
Ei“.)
Samstag: Zweierlei
Braten mit Blaukraut und Knödel
Einigermaßen zerschlagen
von der vorangegangenen Nacht, kamen wir diesmal nicht so zeitig aus
den Federn und erreichten das MEHR-Gelände erst, als Johannes
Hartls Vortrag „Gehüllt in Roben“ bereits begonnen hatte.
(Ach ja, Leser: Falls Ihr Euch Sorgen um den übellaunigen
Evangelikalen mit dem Mikro macht, ja, der war auch wieder da, hatte
aber, als wir an ihm vorbeikamen, gerade Kaffeepause. Muss auch mal
sein.) Trotz der schlechten Erfahrungen vom Vortag steuerten wir
zunächst wieder den Mutter-Kind-Raum an, um uns den Vortrag von dort
aus anzuhören und währenddessen das Baby zu füttern, aber
schließlich wurde der Lärm so unerträglich, dass wir in den Raum
der Stille wechselten und dadurch nach dem Anfang auch den
Schluss des Vortrags verpassten. Was schade war, denn das, was
wir von dem Vortrag mitbekamen, war hervorragend. Na, man wird ihn ja
sicherlich irgendwo „nachhören“ können.
In der Mittagspause
trafen wir uns mit einigen unserer Freunde in der MEHR-Plaza
zu einem recht opulenten Mahl. (Übrigens: „Blaukraut“ kennen
Nordlichter wie ich unter dem Namen „Rotkohl“ – offenbar
variiert in Deutschland neben vielem anderen auch die Farbwahrnehmung
von Region zu Region). Der 15-Uhr-Vortrag (von dem indischen
Philosophen Vishal Mangalwadi) interessierte uns nicht so brennend,
daher zog sich Suse mit dem Baby erst mal in den Raum der Stille
zurück und ich sah mich im MEHR-Forum um. Um 16:30 Uhr folgte
dann die Heilige Messe zum Hochfest Erscheinung des Herrn – im
Auditorium, mit schätzungsweise 8.000 Teilnehmern. Zelebrant war der
Schweizer Jugendbischof Marian Eleganti, die Predigt hielt – sehr
mitreißend – Father Mallon. An die Messe schloss sich eine erneute
Pause an, die wir teils im Raum der Stille, teils im Mutter-Kind-Raum
verbrachten; und dann stand – unter der Überschrift „Europe
Shall be Saved“ – ein erneuter Vortrag von Johannes Hartl auf
dem Programm, aber das war eigentlich gar keiner. Stattdessen rief
Hartl einen Schweizer Prediger namens Jean-Luc Trachsel auf die Bühne
– einen Typen, dem in Großbuchstaben „Scharlatan“ auf die
Stirn tätowiert ist. Also, nicht wirklich, aber im
übertragenen Sinne schon. Gruselig, wirklich. Ich kam mir vor wie
1943 im Berliner Sportpalast. Und natürlich kriegte das Baby Panik.
Im Foyer trafen wir eine andere Mutter, deren Kind eine Woche älter
war als unseres und dem es genauso ging. Daraus ergab sich immerhin
ein nettes Gespräch, und als die Kinder sich wieder halbwegs
beruhigt hatten, traten wir den Rückzug an – vorbei an der
unermüdlichen Ein-Personen-Sekte, die sich darüber ereiferte, dass
einige der MEHR-Besucher rauchen oder sogar Miniröcke
und Strumpfhosen tragen! Das kann doch nicht gottgefällig
sein, oder?
Sonntag: Bauerntanz
Nachdem die Nacht erneut
nicht gerade stressfrei verlaufen war, verschliefen wir diesmal
komplett und zogen daraus die Konsequenz, uns den Abschluss
der Konferenz zu schenken und uns stattdessen ein bisschen die
Altstadt anzuschauen. Insbesondere die Fuggerei. Wir waren uns
einig: Die gäbe eine hervorragende Benedict Option-Siedlung
ab! Und das Gebet für die Stifter wäre dann auch in guten Händen.
Kirche St. Markus in der Fuggerei |
Die letzte Schlacht gewinnen wir! |
Interessant, oder? |
Zum Mittagessen suchten
wir das Restaurant „Bauerntanz“ auf, in dem wir auch
letztes Jahr schon einmal zu Gast gewesen waren – damals als Teil
einer größeren Gruppe von MEHR-Teilnehmern. Rustikale,
deftige, regionale Küche, sehr freundliches Personal, was will man
mehr. Abends dann – da wir es ja am Morgen nicht zur von
Weihbischof Florian Wörner zelebrierten Abschlussmesse der MEHR
geschafft hatten – Messe zum Fest der Taufe des Herrn in der Moritzkirche. Grauenhaft. Ein junger, arg verklemmt wirkender Diakon
predigte so, dass einem schlagartig bewusst wurde, wieso wir so
dringend das „Mission Manifest“ brauchen (u.a. ließ er
sich wortreich darüber aus, dass Christen ihren Glauben nicht
„dogmatisch“ vertreten sollten, denn das habe Jesus schließlich
auch nicht getan...), und während der Wandlung blieb die ganze
Gemeinde stehen. Einschließlich der Messdienerinnen, übrigens.
Ich frage mich, wie man es hinkriegt, eine ganze Gemeinde derart zu
versauen. Okay, die extrem unbequemen Kniebänke mögen durchaus das
Ihre dazu beigetragen haben, aber das kann ja wohl nicht der einzige
Grund sein.
Montag: Pizza vom
Lieferservice
Die Rückreise nach
Berlin gestaltete sich nicht ganz so unkompliziert, wie sie
von der Papierform her eigentlich hätte sein sollen: Erst fuhr unser
Zug in verkehrter Wagenreihung in den Bahnhof ein, mit dem Ergebnis,
dass wir nicht zu unseren reservierten Sitzplätzen gelangen konnten,
da der Gang zu schmal für den Kinderwagen war; dann wurde in
Nürnberg der Zug ausgetauscht (wodurch sich allerdings das
erstgenannte Problem aufhob, denn jetzt kamen wir zu unseren
reservierten Sitzplätzen); und schließlich hielt der Zug
außerplanmäßig gut 20 Minuten lang in Delitzsch, weil – ach,
keine Ahnung warum, irgendwas ist ja immer. Jedenfalls kamen wir
schließlich doch an und waren ausgesprochen froh, wieder zu Hause zu
sein. Ich glaube, das Baby war auch sehr froh darüber.
Aber Kochen fiel aus.
Stattdessen gab's sehr, sehr, SEHR reichlich belegte Pizza von einem
bekannten Systemgastronomie-Unternehmen. Und dann ab ins Bett!
Dienstag: Rührei mit
Kartoffelpü und einer Scheibe Räucherlachs
Wenn einer eine Reise
tut, dann ist der Tag nach der Rückkehr ja zumeist angefüllt mit
allerlei Erledigungen, die während der Abwesenheit liegen geblieben
waren. So ging's uns auch. Nachdem ich diverse Päckchen aus den
Niederlassungen verschiedener Versandunternehmen abgeholt hatte,
übernahm Suse den Einkauf, während ich mit dem Baby Faxen machte.
Beim Einräumen der Einkäufe in den Kühlschrank fiel ein Eierkarton
'runter, mit dem Ergebnis, dass einige der Eier etwas angeschlagen
waren. Wir machten aus der Not eine Tugend und verbrauchten sie
sofort.
In Ruhe genießen konnte
ich dieses Essen leider nicht, aber diesmal war nicht das Baby
schuld, sondern ein Anruf: In der örtlichen Pfarrei hat es heiße
Debatten um die Frage gegeben, wie lange der Weihnachtsbaum noch in
der Kirche stehen bleiben solle, und ich drohte dabei zwischen die
Fronten zu geraten. Die, wenn man so will, „liturgiepolitischen“
Hintergründe dieses Streits sind mir durchaus bewusst, aber bei
aller Liebe: Für mein Empfinden ist dieser Weihnachtsbaum kein
Hügel, auf dem es sich zu sterben lohnt. Morgen wird er zersägt und
entsorgt, basta!
Am Abend hatte Suse einen
erneuten Foodsaving-Termin in einer Bäckerei; von den
erbeuteten Backwaren behielten wir nur einen kleinen Teil und gaben
das Meiste an unsere Kontaktperson vom Obdachlosennetzwerk weiter.
Mittwoch: Hühnerkeulen
mit Pfannengemüse und (wahrscheinlich) Couscous...
...weil Suse der Appetit
auf Polenta nach dem Schimmel-Desaster von letzter Woche erst mal
vergangen ist!
Und das war's für diese
Woche! Was habt Ihr so gegessen?
Mittwoch, 3. Januar 2018
SoulKitchen – Die neue Mittwochskolumne
Suse kocht und Tobi
bloggt darüber (in Zukunft aber vielleicht auch mal umgekehrt...)
Seit
Suse und ich tatsächlich so etwas wie ein Familienleben
haben, haben wir immer mal wieder untereinander diskutiert, ob (und
wenn ja, wie) wir nicht auch in unseren Blogs stärker unseren
Alltag thematisieren sollten. Also quasi Einblicke geben in
das Leben punk-affiner junger Dunkelkatholiken, oder so. Was das
„Wie“ angeht, hatten (und haben) wir da ein klares
Vorbild: Die US-amerikanische Bloggerin Simcha Fisher schreibt seit
Menschengedenken (fast) jeden Freitag darüber, was sie ihrer großen
Familie (zehn Kinder! Die beiden ältesten sind allerdings
mittlerweile auf dem College) die ganze Woche über zum Abendessengekocht hat. Das lesen wir regelmäßig und finden es gar großartig.
Nun haben wir zwar längst keine so große Familie, und obendrein
kann das jüngste Familienmitglied noch überhaupt keine feste
Nahrung zu sich nehmen, aber trotzdem haben wir uns gedacht: So
was in der Art könnten wir auch machen. Und wenn wir vielleicht
auch weder an die kulinarische Kreativität noch an die amüsante
Erzählweise einer Simcha Fisher heranreichen, eignet sich das Thema
immerhin dazu, ganz nebenbei ein bisschen Werbung für das Konzept
Foodsaving/Foodsharing zu machen. Suse hat nämlich seit
Kurzem ihren eigenen offiziellen Foodsaver-Ausweis – und sie
wird ihn benutzen!
Dass
der erste Tag, über den es etwas Interessantes zu berichten gab, ein
Donnerstag war, bedingt es, dass unsere (zukünftig hoffentlich)
wöchentliche Foodblog-Kolumne nun also mittwochs erscheint.
Passt ja auch ganz gut, wegen Mittwochsklub und so.
Donnerstag:
Steakpfanne à la Foodsaving
Gegen
Mittag brach Suse zu einem Foodsaving-Einsatz in einem
Biomarkt auf, derweil ich zu Hause blieb, das Baby bespaßte und, so
gut das nebenbei ging, an meinem vorläufig noch hochgeheimen
Buchprojekt arbeitete. Suse hatte im Vorfeld die Vermutung geäußert,
ein Foodsaving-Einsatz zwischen Weihnachten und Neujahr könne
sich so richtig lohnen – und diese Einschätzung erwies sich
als richtig. Es war ein so prachtvoller Beutezug, dass wir, wie im
Folgenden detailliert zu schildern sein wird, praktisch die ganze
Woche davon essen konnten (wenn auch nicht ausschließlich
davon). – An dieser Stelle
eine wichtige Klarstellung: Der primäre Sinn von
Foodsaving/Foodsharing ist nicht, kein Geld mehr für
den eigenen Lebensmittelbedarf ausgeben zu müssen. Es soll
eine gemeinnützige Arbeit im besten Sinne sein. Gleichzeitig
ist es aber auch überhaupt nicht ehrenrührig, wenn der Foodsaver
selbst auch etwas davon hat. Das ist dann quasi die Entlohnung
für sein Engagement.
Dem
reichen Beutezug entsprechend fiel das Abendessen recht lukullisch
aus. Minutensteaks und Schinkenschnitzel, zusammen mit in Scheiben
geschnittenen Möhren in der Pfanne gebraten; kurz vor Schluss kam
noch Blumenkohl mit in die Pfanne, und zu guter Letzt eine dunkle
Bratensoße. Dazu gab's Kartoffelknödel aus dem Kochbeutel;
abgesehen vom Soßenbinder waren die der einzige Bestandteil dieser
Mahlzeit, der nicht von der Lebensmittelrettungsaktion
stammte. Sehr lecker war's – und um mindestens zwei Portionen zu
viel. Wenig kochen kann meine Liebste nicht.
Freitag: Ofenkäse mit
Brokkoli und Zucchini, Brot und Schinken
Da
zu der Beute aus dem Foodsaving-Einsatz beim Biomarkt auch
mehrere Liter Milch gehörten, die kurz vor dem Verfallsdatum standen
und verbraucht werden wollten, hatte Suse am Donnerstag zusätzlich
zum Abendessen noch Eierkuchen und Milchreis zubereitet; der
Milchreis wanderte erst mal ins Kühlfach, die Eierkuchen gab's zum
Frühstück. Hier stammte nur
die Milch von der Lebensmittelrettung; davon abgesehen gingen die
letzten Eier aus unserem Kühlschrank für dieses Frühstück drauf.
Mehl, Zucker und Butter hat man ja normalerweise sowieso immer da.
Der
Schoko-Knusperzucker war ein (vorweihnachtliches) Geschenk.
Am
Nachmittag wurde außerdem Joghurt, der ebenfalls bei der
Lebensmittelrettung erbeutet worden war, vernichtet, zusammen mit
Clementinen, von denen wir zwar einige selbst gekauft hatten, aber
schon vor so geraumer Zeit, dass sie langsam mal dringend verbraucht
werden mussten und somit irgendwie auch unter Foodsharing-Kriterien
fielen. Dazu, abermals, Schoko-Knusperzucker.
Beim
Abendessen stammten dann alle Zutaten vom Foodsaving,
und die Zubereitung war denkbar simpel: Käse und Zucchini im
Ofen gebacken, Brokkoli im Topf gedünstet, Brot (nur ein bisschen -- den Großteil des erbeuteten Brotes hatten wir weiterverteilt) und Kochschinken
(ja, es war Freitag, aber immer noch Weihnachtsoktav!
Unser Leben sei ein Fest!) kalt dazu. Theoretisch hätten wir
anschließend auch noch die Reste vom Vortag vernichten wollen, aber
nach dieser gemischten „Vorspeisen“-Platte waren wir mehr als
satt...
Samstag: Resteessen
Am
Nachmittag gab's Verwandtenbesuch zwecks Baby-Angucken, und dabei
kamen reichlich Kekse, Schokolade und Lebkuchen (bei Aldi nach
den säkularen Weihnachtsfeiertagen zum halben Preis gekauft) auf den
Tisch, mit dem Ergebnis, dass sich unser Hunger am Abend in Grenzen
hielt. Aber immerhin schafften wir es diesmal, die Reste vom
Donnerstag zu verbrauchen.
Sonntag: Rotes Curry
mit Bulgur, Gemüsekuchen, Cevapcici mit grünen Bohnen
Zum
Fest der Heiligen Familie gab's ein Menü aus mehreren Gängen, von
denen die ersten beiden vom Foodsaving stammten und der letzte
aus dem eigenen Gefrierfach. Ohne die Cevapcici wäre das Ganze
vegetarisch gewesen (das Curry sogar vegan), aber das kann man
ja nicht machen an einem Sonn- und Feiertag...
Da
das Baby gegen zehn Uhr abends friedlich einschlief, nutzten wir die
Gelegenheit, ebenfalls zu einer einigermaßen zivilisierten Zeit ins
Bett zu gehen. Das Mitternachts-Feuerwerk war jedoch so freundlich,
uns wieder zu wecken. Toll, wie engagiert selbst in einer
atheistischen Metropole wie Berlin alljährlich in das Hochfest der
Gottesmutter 'reingefeiert wird...
Hochfest
der Gottesmutter, wie gesagt! Heilige Messe war in unserer Kirche
erst am Abend, vielleicht aus Rücksicht auf die, die den
Jahreswechsel etwas zu ausgiebig gefeiert hatten. Die Hauptmahlzeit
des Tages gab es bei uns dennoch erst danach: Tortellini aus
dem Gefrierfach, dazu eine selbst kredenzte Soße, in der neben Mais
und schwarzen Oliven auch Foodsaving-Tomaten verarbeitet
wurden.
Dienstag: Belegte
Baguettes vom Foodsaving
Den
Tag (bzw. Abend) hatten wir eigentlich ganz anders geplant. Es stand
nämlich ein erneuter Lebensmittelrettungs-Termin an, diesmal in
einer Bäckerei; und diesmal wollten wir nur einen geringen Teil der
zu erwartenden Ausbeute für uns selbst behalten, zumal wir tags
darauf zu verreisen planten. Aus diesem Grund hatten wir uns mit
einem befreundeten Priester verabredet, der den Großteil der
Backwaren für die in seiner Pfarrei betriebene Suppenküche
mitnehmen wollte; bei der Gelegenheit hätten wir dann auch mit ihm
zusammen zu Abend essen wollen. Suse hatte geplant, Hähnchenkeulen
(vom Foodsaving im Biomarkt) mit Polenta und italienischer
Gemüsepfanne aufzutischen. Dann sagte unser Priester-Freund uns
jedoch ab, weil er krank war; die Hähnchenkeulen hätten wir zwar
theoretisch auch ohne ihn essen können, aber die bereits ein paar
Tage zuvor vorbereitete Polenta (die nur noch portionsweise in der
Pfanne hätte angebraten werden sollen) war angeschimmelt. Davon
abgesehen konnte Suse ihrerseits den Lebensmittelrettungs-Termin in
der Bäckerei nicht absagen, womit sich nun die Frage stellte:
Wohin mit den ganzen Broten und Brötchen?
Für
diese Frage fand sich allerdings relativ leicht eine Lösung: Die
Suppenküche des Franziskanerklosters Pankow arbeitet offenbar schon
länger mit Foodsharing zusammen, und auf dem Hof der
Niederlassung gibt es eine Kiste (mit Zahlenschloss!), in der man
rund um die Uhr Lebensmittelspenden deponieren kann. Also teilten wir
uns die Arbeit: Suse holte die Backwaren in der Bäckerei ab, und ich
brachte den Großteil davon (vier handelsüblich große Einkaufstüten
voll mit Brotlaiben und Brötchen) zum Franziskanerkloster. Für uns
selbst behielten wir nur einige belegte Baguettes, von denen wir die
am leichtesten verderblichen (z.B. mit Thunfisch und Ei) zum
Abendbrot verputzten, und ein bisschen Süßgebäck für die
Bahnfahrt.
Mittwoch: Mal sehen,
ob wir irgendwo Sushi auftreiben können
So,
und jetzt sind wir – nach einer Reise, auf der so ziemlich alles
schief gegangen ist, was schiefgehen konnte (Details vielleicht ein
andermal, aber vielleicht auch lieber nicht...) – in
Augsburg, wo morgen die MEHR 2018 beginnt. Und haben Hunger, während
zu Hause ein gut gefüllter Gefrierschrank vor sich hin träumt. Das
Hotel, in dem wir einquartiert sind, scheint kein Restaurant im
eigentlichen Sinne des Wortes zu haben, außerdem schläft das Baby
gerade – ein Zustand, den wir nicht aufs Spiel setzen möchten.
Also muss sich wohl einer von uns nach draußen wagen und irgendwo in
der Nähe ein einigermaßen passables Essen zum Mitnehmen besorgen…