So, Freunde: Leicht
erschöpft melden wir uns aus einer ereignisreichen Woche, in der
praktisch jeden Tag „irgendwas mit Kirche“ anstand. Was im
Prinzip natürlich gut ist: Die „tote Christenheit... aus
dem Schlaf der Sicherheit“ zu wecken, wie es in dem alten Gotteslob-Schlager „Sonne der Gerechtigkeit“ so
schön heißt, ist schließlich eine Aufgabe, bei der es keinen Tag
zu verlieren gilt. Anstrengend wird’s aber, wenn man ein Baby hat,
das zwar tagsüber meist lieb, brav und gut gelaunt ist, dafür aber
abends regelmäßig Krawall macht. (Ich vermute mal, das sind diese
vieldiskutierten Drei-Monats-Koliken. Die müssten dann
eigentlich bald mal vorbei sein...)
Viel geschlafen haben wir
also nicht. Aber gut gegessen! Hier der Speiseplan:
Donnerstag:
Fischfilets mit Spinat und Reis
Momentchen: Hätte es das
nicht schon letzten Mittwoch geben sollen? – Eigentlich ja.
Aber dann war Suse am späten Nachmittag aufgefallen, dass sie den
Spinat schon am Vormittag aus dem Gefrierfach hätte nehmen sollen.
Sicherlich wäre es auch so noch möglich gewesen, den tiefgefrorenen
Spinatklotz auf dem Feuer zu schmelzen, aber Suse disponierte
kurzentschlossen um, und es gab Bandnudeln in Pesto-Sahnesoße mit
Mais und schwarzen Oliven.
Am Donnerstag jedenfalls
hatten wir nachmittags Besuch vom Pfarrer. Nachdem wir just an dem
Wochenende, an dem in unserer Pfarrei die Sternsinger unterwegs
gewesen waren, anlässlich der MEHR-Konferenz in Augsburg waren,
hatten wir uns gedacht, einen Segen für die Wohnung können wir doch
hoffentlich trotzdem bekommen, einschließlich der
einschlägigen Kreidezeichen an der Tür – die sind ja schließlich
auch eine Art Zeugnis den Nachbarn gegenüber. Der Pfarrer kam
diesem Ansinnen gern entgegen, und auch vom konkreten Anlass
abgesehen war es wohl mal ganz gut, sich in privater Atmosphäre mit
ihm zu unterhalten. Wir sind ja noch relativ neu in der Gemeinde.
Zum Essen blieb der
Pfarrer allerdings nicht.
Freitag:
Falafel-Halloumi-Taschen
Tagsüber gab es keine
besonderen Vorkommnisse, am Abend war, wie schon vorigen Freitag,
Kreis junger Erwachsener in einer von unserem Zuhause aus
leider ziemlich entfernten Pfarrei (wofür die Pfarrei nichts kann,
es liegt eher daran, dass wir so weit draußen wohnen). Wir
zögerten diesmal lange mit der Entscheidung, ob wir da hinfahren
wollten oder lieber in unserem eigenen Kiez zur Anbetung und zur
Abendmesse. Oder einfach zu Hause bleiben. Schließlich entschieden
wir uns doch, den weiten Weg auf uns zu nehmen; aber da wir uns
einerseits nicht wieder den ganzen Abend nur von Knabberzeugs
ernähren wollten, uns andererseits aber auch nicht sicher waren, als
wie realistisch sich die Variante „vom KJE-Treffen aus
einfach eine Pizza bestellen“ erweisen würde, besorgte ich uns vor
unserem Aufbruch schnell noch Falafel-Halloumi-Taschen vom Libanesen
an der Ecke.
Da eine gewisse kleine
Person eine Weile brauchte, um sich dazu überreden zu lassen, sich
ins Tragetuch wickeln zu lassen, verzögerte sich unser Aufbruch dann
noch etwas, mit dem Ergebnis, dass wir an unserem Zielort die
Anbetung versäumten und erst kurz vor dem Ende der Predigt in der
Kirche ankamen. Aber immerhin, den wichtigsten Teil der Messe bekamen
wir noch mit. – Beim KJE lautete das Thema diesmal
„Ordensleben heute“, und als Gastreferenten waren ein
Dominikanerpater aus dem Kloster in Moabit und eine Schwester der
„Kongregation der Helferinnen“ dabei, die in einer
Wohngemeinschaft in Lichtenberg lebt. Beide fielen übrigens durchaus
in das Alterssegment der „jungen Erwachsenen“; ich erwähne
das deshalb, weil ja viele zu denken scheinen, Ordensleben sei
heutzutage nur noch etwas für alte Leute, während die jungen
in Neuen Geistlichen Gemeinschaften sind. Präziser gesagt:
Das ist es, was optimistische Katholiken denken. Alle anderen
glauben, junge Leute wären überhaupt nicht religiös.
Samstag: Pelmeni
Am Nachmittag fand in
einem freikirchlichen Café im Wedding eine Veranstaltung unter dem
Titel „Sternstunde“ statt; bei dieser (monatlichen)
Veranstaltungsreihe waren wir im vorigen Jahr schon zwei- oderdreimal gewesen, nun aber schon eine ganze Weile nicht mehr, also
fanden wir, es sei mal wieder an der Zeit. Bei unseren früheren
Besuchen der „Sternstunde“ hatten wir eine nette Familie
aus Heiligensee (mit vier Kindern, das jüngste noch nicht ganz zwei
Jahre alt) kennengelernt und freuten uns, diese jetzt wiederzusehen;
insbesondere die älteste Tochter unterhielt sich sehr angeregt mit
Suse. Allerdings sollte man für die Zukunft vielleicht mal darüber
nachdenken, sich mit dieser Familie in einem anderen Rahmen zu
treffen als bei der „Sternstunde“, denn die Veranstaltung
an sich war eher weniger erfreulich. Normalerweise ist es ein fester
Bestandteil des Veranstaltungskonzepts, dass jemand ein „Zeugnis“
gibt; das war diesmal jedoch nicht der Fall, stattdessen
kündigte der Gastgeber an, er wolle einige Gedanken über den
Unterschied (wo nicht gar Gegensatz) zwischen Glaube
und Religion zur Diskussion stellen.
Ich konnte mir schon
vorstellen, was das werden sollte. In Teilen des evangelikalen
Spektrums ist „Religion“ ein ausgesprochen negativ
besetzter Begriff, der einerseits mit „Gesetzlichkeit“ und
andererseits mit einer ritualisierten Frömmigkeitspraxis assoziiert
wird; „wahres Christsein“, so lautet mehr oder weniger explizit
die Argumentation, sei gerade keine „Religion“, sondern
eine authentische, persönliche Beziehung zu Jesus Christus.
Durchaus folgerichtig geht diese Sichtweise häufig einher mit der
Ablehnung liturgischer Gottesdienstformen, da diese eben „religiös“
(und somit angeblich unauthentisch) seien. Dass ihre eigenen,
vermeintlich so „authentischen“ und individuellen
Frömmigkeitsformen zwar ästhetisch wesentlich anspruchsloser, aber
in Wirklichkeit nicht weniger stark formalisiert sind, kommt dieser
Sorte Evangelikaler selten, wenn je, in den Sinn.
Was an diesem Vortrag
(der übrigens, wie der Vortragende mehrfach betonte, „kein
Vortrag“ sein sollte – aber was dann?) wirklich
nervte, war allerdings der Umstand, dass er verworren und redundant
zugleich war. Irgendwie versuchte der Gastgeber, den Unterschied
zwischen „Glaube“ und „Religion“ zu den Lehren des Apostels
Paulus über Gesetz und Gnade in Beziehung zu setzen, kriegte es aber
nicht so richtig hin und widersprach sich durchschnittlich in jedem
dritten Satz selbst. Die anschließende Publikumsdiskussion machte
vollends deutlich, was für eine Zumutung und Überforderung es
darstellt, dass das evangelikale Christentumsverständnis es jedem
einzelnen Gläubigen abverlangt, selbständig die Bibel zu
interpretieren. Mit Blick auf die paulinische Gegenüberstellung von
Gesetz und Gnade brachen komplexe Meinungsverschiedenheiten über die
Frage aus, ob und inwieweit das Gesetz des Alten Bundes auch heute
noch Gültigkeit habe, und das Ganze gipfelte bizarrerweise in der
Frage, ob es nicht einen Verstoß gegen die Zehn Gebote darstelle,
dass Christen den Sonntag heilig halten statt den Samstag.
Offenkundig überfordert mit dieser Frage, behauptete der Gastgeber
aus dem Ärmel heraus, die Heiligung des Sonntags sei erst irgendwann
im 2. Jahrtausend von der Katholischen Kirche eingeführt worden, und
das sei ein Beispiel unter vielen dafür, wie die Katholische Kirche
„ihre eigene Religion erfunden“ habe. Einige Gäste stiegen nur
allzu gern auf diese Schiene ein und echauffierten sich über
Priestertum und Beichte: Das habe doch nichts mit Jesus zu tun.
Na, wie dem auch sei: Zu
Hause gab's Pelmeni aus dem Gefrierfach, angerichtet mit saurer
Sahne, Gewürzgürkchen und Roter Bete, sodass auch dieser Tag noch
ein erfreuliches Ende nahm.
Sonntag: Syrisches
Buffet
In unserer Pfarrkirche
stand, wie an jedem dritten Sonntag im Monat, ein
Familiengottesdienst an; aber es gab kein Entrinnen, da ich
schon vor Wochen – ohne einen Gedanken an das Datum zu verschwenden
– eingewilligt hatte, den Lektorendienst zu übernehmen. Nun ja,
wenigstens wurde die 1. Lesung (Jona 3,1-5.10) nicht – wie in den
Lektorenhilfen des Katholischen Bibelwerks allen Ernstes angeregt
wird – szenisch aufgeführt. Dafür aber das Evangelium.
Merke: Ein Familiengottesdienst, der es nicht schafft, die Frage "Was soll das?" zu provozieren, kann einpacken. (frei nach Heiner Müller) |
Anschließend fuhren wir
mit dem Bus zur Nachbarpfarrei, wo der Flüchtlingsausschuss des
Pfarrgemeinderats einen „Kennenlerntag“ mit
Flüchtlingsfamilien aus Syrien veranstaltete. Mit gemeinsamem Kochen
und Essen. Als wir an der Zielhaltestelle aus dem Bus ausstiegen,
sahen wir, wie sich vor der Kirche eine Gruppe von Mädchen im
Teenageralter versammelte. Mir kam zwar kurz der Gedanke „Na, ob
die auch da hinwollen, wo wir hinwollen?“, aber
bezeichnenderweise glaubte ich das nicht ernsthaft. War aber
doch so: Sie gehörten zum laufenden Firmkurs des
Pfarreiverbands. Die teilnehmenden syrischen Familien waren sehr nett
und hatten viele Kinder, darunter eins, das nur knapp drei Wochen
älter war als unseres; und das Essen war sehr gut und sehr
reichlich.
Und nach dem Essen...
ergriff eine Dame vom Humanistischen Verband das Wort,
verteilte Flyer für ein von ihrer Organisation verantwortetes
Kiezprojekt in Tegel-Süd, gab eine Telefon- und Mailadressenliste
herum und, nun ja, „warb“ sehr engagiert darum, dass man sich da
auch wirklich eintrug. Ich dachte, ich seh' und hör' nicht richtig.
Was macht eine Vertreterin des Humanistischen Verbands bei einer
kirchlichen Veranstaltung? Noch konsternierter war ich angesichts der
Tatsache, dass die anwesenden Vertreter des Pfarrgemeinderats
offenbar gar nicht auf die Idee kamen, daran könne irgendwas
verkehrt sein. Man kann sich so etwas kaum ausdenken: Da stellt die
Pfarrei ein (im Ganzen sehr gelungenes!) Erstkontakt-Angebot zum
gegenseitigen Kennenlernen von Gemeindemitgliedern und Flüchtlingen
auf die Beine, klopft sich auf die Schulter und überlässt alles
Weitere – sprich: die potentiellen Früchte dieses
Erstkontakts – dem Humanistischen Verband. Was kommt als
nächstes? Sommerfest mit Satanisten? Suse und ich hatten eigentlich
den Gedanken im Hinterkopf gehabt, bei Gelegenheit dieser
Veranstaltung mal ein bisschen mit den Leuten aus dem
Flüchtlingsausschuss des Pfarrgemeinderats darüber ins Gespräch zu
kommen, was genau sie eigentlich für die Flüchtlinge tun, und dabei
auch auf Initiativen wie Elijah21 zu sprechen zu kommen.
Diesbezüglich ließ uns der Auftritt der Dame vom Humanistischen
Verband nun allerdings ziemlich die Luft raus.
(Ich will eigentlich gar
nicht auf den Veranstaltern herumhacken. Das sind nette Leute.
Vielleicht wussten sie nicht so genau, was der Humanistische Verband
ist und tut – wobei das auch schon irgendwie peinlich wäre. Ich
vermute eher, es steckt eine Auffassung dahinter, die die Kirche in
erster Linie als eine zivilgesellschaftliche Institution unter vielen
betrachtet und die Pfarrei folglich als einen lokalen Träger
bürgerschaftlichen Engagements; wenn man das so sieht, ist es
natürlich nicht ohne Weiteres einsichtig, wieso man nicht mit
dem Humanistischen Verband zusammenarbeiten sollte. Ob der das
umgekehrt auch so sieht oder sich über „unsere“ Blödheit ins
Fäustchen lacht, sei mal dahingestellt.)
Am Abend hielt sich unser
Hunger in Grenzen; ich machte mir lediglich ein Sandwich, bestehend
aus (ungetoastetem) Dinkeltoast vom Foodsharing mit gesalzener
Butter, Kräuterfrischkäse, Schweinebraten und Cheddar. Für Suse
machte ich im wesentlichen dasselbe, allerdings wollte sie kein
Sandwich, sondern lieber zwei einzelne Stullen. Das wurden also eine
mit gesalzener Butter und Cheddar und eine mit Kräuterfrischkäse
und Schweinebraten.
Montag: Tagliatelle
Bolognese
Am Morgen Frühmesse,
anschließend Rosenkranzgebet, dann ins Pfarrbüro, um
Organisatorisches wegen der anstehenden Tauffeier unserer kleinen
Mädchentochter zu besprechen. Im Anschluss besorgte ich dann noch
die Einkäufe fürs Abendessen, während Frau und Kind schon mal nach
Hause gingen. Zur Belohnung gab's dann am Abend Bandnudeln mit
hausgemachter Bolognese-Soße. Mjam mjam.
Dienstag: Belegte
Baguettes vom Foodsaving
Am Mittag hatte ich ein
konspiratives Business-Lunch mit einem katholischen
Unternehmer aus Köln, der gerade aus beruflichen Gründen in Berlin
war; den Kontakt hatte Benedict Option-Autor Rod Dreher vermittelt.
Am Abend hatte Suse dann
einen erneuten Foodsaving-Einsatz in einer Bäckerei, und
diesmal fiel die Beute besonders üppig aus. Neben ungefähr sieben
ganzen Brotlaiben brachte sie große Mengen an Brötchen und
sonstigem Kleingebäck mit nach Hause, dazu vier große Plastikboxen
voller belegter Baguettes. Einige davon – belegt z.B. mit Mett,
Thunfisch oder als Großgarnelen getarntem Krebsfleischimitat –
schrien geradezu danach, möglichst bald verzehrt zu werden, und
damit war das Thema Abendessen dann auch schon abgehakt.
Weniger erfreulich war,
dass im weiteren Verlauf des Abends Suses Mobiltelefon den Geist
aufgab.
Mittwoch: Weitere
belegte Baguettes vom Foodsaving
Was
für ein Leben: Morgens, mittags und abends belegte Baguettes! Alles
andere, was Suse am Abend zuvor erbeutet hatte, brachten wir im Laufe
des Vormittags bei der Suppenküche der Franziskaner in Pankow
vorbei, anschließend kauften wir im Klosterladen des Karmels in
Charlottenburg eine Taufkerze für das Kind und wanden uns (also ich
mich zumindest) mit Grausen angesichts dessen, was dieser Laden sonst
noch so alles führt.
Der Rauch des Satans ist in den Klosterladen des Berliner Karmels eingedrungen. |
Und schließlich kümmerten wir uns noch um
Suses Handyproblem, mit dem bemerkenswerten Erfolg, das nebst eines
neuen Mobilfunktarifs auch für mich
ein neues mobiles Endgerät heraussprang. Und damit war der Tag auch
schon wieder so gut wie um!
(...und dann erwischte mich eine offenbar schon länger vor sich hin brütende Erkältung, und der Internetanschluss in der Wohnung machte Zicken. Deshalb erscheint dieser Artikel mit leichter Verspätung. Aber keine Bange, es ist schon alles wieder auf dem Weg der Besserung!)